Verbraucherinsolvenz - Reform

Lange, schon sehr lange müht sich das BMJ (Bundesjustizministerium) um eine Reform des Insolvenzrechts. Im Bereich der Regelinsolvenz für Industriebetriebe, Handelsgesellschaften und Dienstleistungsunternehmen hat sich in den letzten Jahren schon einiges getan. So sind die Gläubiger gestärkt worden, der Insolvenzverwalter unterliegt stärkerer Kontrolle, aber auch der Maßnahmenkatalog zum Erhalt eines Unternehmens wurde erweitert, die Eigenverwaltung der Schuldner einfacher gestaltet. Bei der Verbraucher- oder Privatinsolvenz tut sich das Ministerium allerdings schwer, einen vernünftigen Entwurf vorzustellen.

Da stellt sich zunächst die Frage, ob eine Reform überhaupt erforderlich scheint. Der Praktiker könnte da schon einige Dinge aufzählen. Aber unabhängig davon funktioniert das geltende System eigentlich recht gut und weitgehend reibungslos, das zeigt sein relativ großer „Erfolg“. Wenn man also an eine Reform denkt, dann sollte man sich um die wichtigsten Punkte kümmern und das Verfahren insgesamt unbehelligt lassen. Natürlich ist da zuerst und vor allem die Dauer der Wohlverhaltensphase zu nennen. Die „Wohlverhaltensphase“ ist die gesetzliche Zeitspanne, während der der Schuldner mit dem pfändungsfreien Einkommen auskommen muss und neue Schulden nicht gemacht werden dürfen, er oder sie sich im Falle der Arbeitslosigkeit nach Kräften um eine Arbeit zu bemühen hat.

Sie beträgt zurzeit 6 Jahre und viele Rufe werden nach einer Verkürzung dieser Frist laut. Es gibt einige Argumente dafür. So sind Überlegungen angestellt worden, die Wohlverhaltensphase von 6 auf 3 Jahre zu verkürzen. Um diese Verkürzung zu erreichen, soll der Schuldner in dieser Zeit mindestens 25% seiner gesamten Schulden abbezahlt haben. Damit sollen neben dem Anreiz, die Zeit der Kontrolle durch Treuhänder oder Insolvenzverwalter und die Zeit der Beschränkung auf das pfändungsfreie Einkommen um die Hälfte zu reduzieren, gleichzeitig die Gläubiger zu mehr Akzeptanz Insolvenzplänen gegenüber gebracht werden, sowie gleichzeitig eine insgesamt höhere Quote der Schuldentilgung im Rahmen des Insolvenzverfahrens erreicht werden. Grundsätzlich klingt dieser Ansatz nicht schlecht.

Bedenkt man aber, dass 90 % aller Insolvenzpläne im Verbraucherinsolvenzverfahren sogenannte „flexible Null-Pläne“ sind, bei denen der Schuldner nur dann etwas auf seine Schulden während der Wohlverhaltensphase zahlt, wenn sein Einkommen über die Pfändungsfreigrenze steigt, so sind solche Segnungen dann wohl eher die große Ausnahme mit einer geringen Auswirkung auf die Gesamtzahl der Verbraucherinsolvenzen. Da erscheint es sinnvoller, generell die Wohlverhaltensphase auf 4 oder 5 Jahre zu verringern und gleichzeitig die Regeln über die Annahme von Insolvenzplänen zu modifizieren. Bislang ist es so, dass ein zwingend erforderlicher außergerichtlicher Schuldenbereinigungsvorschlag im Wege einer doppelten Mehrheit auf Gläubigerseite angenommen werden muss. Das bedeutet, dass nicht nur wenigstens 50 % der Gläubiger dem Vorschlag zustimmen müssen, sondern diese 50 % der Gläubiger auch mindestens 50 % der Gesamtforderungssumme repräsentieren müssen, wenn der Plan außergerichtlich als angenommen gelten soll.

Kommt diese doppelte Mehrheit nicht zustande, muss der Insolvenzantrag bei Gericht eingereicht werden. Zwar kann das Gericht die fehlende Zustimmung der Gläubiger ersetzen und den Plan dann doch noch zur Durchführung gelangen lassen, aber diese Handhabung bindet unnötigerweise gerichtliche Ressourcen. Es wäre sinnvoll, die Quote der doppelten Mehrheit zu reduzieren, beispielsweise auf 50 % der Gläubiger, die mindestens 35 % der Forderungen gegen den Schuldner repräsentieren. In solchen Fällen hätten unter Umständen auch modifizierte Null-Pläne eine größere Chance im jedem Verbraucherinsolvenzverfahren zwingend vorgeschalteten außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren die notwendige Gläubigerzustimmung zu erlangen.

Verbunden mit der generellen Verkürzung der Wohlverhaltensphase könnte dies zu einer merklichen Entlastung der Insolvenzgerichte und einer größeren Akzeptanz auf Gläubigerseite führen.