Equal-Pay

Problematik der Zeitarbeitsbranche (Equal-Pay)

Die Zeitarbeitsbranche wird derzeit gewaltig durcheinandergewirbelt. Seit 2004 dürfen Leiharbeitnehmer nur dann weniger Lohn als ihre vergleichbaren fest angestellten Kollegen bekommen, wenn dies aufgrund eines Tarifvertrages geschieht.

Damit wollte der Gesetzgeber das Machtungleichgewicht bei Lohnverhandlungen mildern und schrittweise den Zeitarbeitslohn dem Lohn der festangestellten Kollegen angleichen. Die Gesetzesänderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) sah nämlich weiter vor, dass  dann, wenn ein Tarifvertrag nicht vorliegt, die Leiharbeitnehmer Anspruch auf den gleichen Lohn wie ihre Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, in die sie verliehen wurden, haben (Equal-Pay).

Equal Pay Zeitarbeit Probleme ZeitarbeitsbrancheDie Christliche Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) schloss 2003 mit dem Arbeitgeberverband der Zeitarbeitsfirmen einen Tarifvertrag ab, nach dem in der Folge der überwiegende Teil der Arbeitnehmer in der Zeitarbeitsbranche entlohnt wurden, ab. Dieser Tarifvertrag und vor allem die CGZP war den Gewerkschaften, die im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengeschlossen sind, ein Dorn im Auge. Einerseits hielten sie die vereinbarten Grundlöhne für viel zu niedrig und zum anderen die CGZP nicht für tariffähig, wohl auch, weil sie dem mächtigen DGB-Dachverband nicht angehört.

Vor dem Berliner Arbeitsgericht strengten sie deshalb ein Verfahren an, mit dem die mangelnde Tariffähigkeit der CGZP festgestellt werden sollte. Das Arbeitsgericht Berlin und in der Folge auch das Landesarbeitsgericht Berlin gaben dem Antrag statt und am 14.12.2010 stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt abschließend und rechtskräftig fest, dass der Tarifvertrag, den der Arbeitgeberverband für Zeitarbeit (AMP) mit der CGZP abgeschlossen hatte, deshalb unwirksam sei, weil die CGZP nicht tariffähig ist.

Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Nicht nur, dass die beschäftigten Arbeitnehmer rückwirkende Ansprüche auf „gleichen Lohn“ (equal pay) geltend machen können. Auch und vor allem die Sozialversicherungen haben den Beschluss des BAG zum Anlass genommen, rückwirkend die Beiträge geltend zu machen, die fällig geworden wären, wäre der gleiche Lohn bezahlt worden, den die vergleichbaren festangestellten Arbeiter und Angestellten in den Entleiherfirmen bekommen hatten.

Seit dieser Zeit sind denn auch im ganzen Lande Verfahren auf den „gleichen Lohn“ bei den Arbeitsgerichten anhängig, aber auch und vor allem beginnt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) im Auftrag aller Sozialversicherungsträger die Zeitarbeitsfirmen zu überprüfen, mit dem Ziel, die angeblich zu wenig gezahlten Beiträge festzustellen und nachzufordern. Landesweit geht es hierbei um ganz erhebliche Summen in Höhe von mehreren 100-Millionen €, woraus auch die Vehemenz erklärbar wird, mit der die DRV versucht, an dieses Geld zu kommen.

Dieses gesamte Szenario birgt allerdings eine Fülle von Rechtsfragen und sowohl die Ansprüche auf „gleichen Lohn“ als auch die Ansprüche der DRV auf Nachentrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung sind längst nicht unbestritten. Es fängt an mit der Frage, ob das BAG überhaupt die Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit, oder nur zukünftig festgestellt hat. Weiter ist längst nicht ausgemacht, ob vereinbarte Ausschlussfristen, die die Ansprüche zu Fall bringen würden, in den Verträgen und/oder den Tarifverträgen von der Unwirksamkeit der Tarifverträge umfasst werden. Schließlich wird mit vielen Argumenten darüber gestritten, ob die DRV überhaupt Beiträge nachberechnen darf, ob die Firmen zur Mitwirkung verpflichtet sind und ob bereits rechtskräftig abgeschlossene Prüfzeiträume noch einmal aufgerollt werden dürfen.

Diese Rechtsfragen sind zum Teil kompliziert, sie sind vielschichtig und ihre korrekte Einschätzung bedingt das taktische und strategische Vorgehen sowohl bei der Geltendmachung als auch bei der Abwehr von Ansprüchen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Umfeld der Zeitarbeit sind darum gut beraten, kompetenten Rechtsrat zur Bewältigung aller damit im Zusammenhang bestehenden Probleme einzuholen und sich von Fachleuten sozusagen als Lotsen durch dieses Fahrwasser begleiten zu lassen.