Krankenkassen müssen bei chronischer Müdigkeit leisten

Celle/Berlin (DAV). Gibt es im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine Erkrankung keine Standarttherapien, hat die GKV eine gegenüber der bisherigen Versorgung erweiterte Leistungspflicht. Die schließt auch Präparate ein, für die Leistungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Oktober 2022 (AZ: L 4 KR 373/22 B ER).

Der 55-jährige Antragsteller ist aufgrund zahlreicher Erkrankungen schwerbehindert und pflegebedürftig, insbesondere wegen der gesicherten Diagnose des Chronischen Fatigue-Syndroms (CFS). CFS ist eine schwere Erkrankung, die zu besonders schneller und langanhaltender Erschöpfung führt, sodass ein normaler Alltag für die Betroffenen kaum noch zu bewältigen ist.

Bei seiner Krankenkasse beantragte der Mann die weitere Bewilligung der Arzneimittel Biomo-Lipon und Dekristol (Vitamin D). Die Kasse lehnt die Anträge ab. Sie begründet dies u.a. damit, dass die medizinisch-wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine Verordnung nicht gegeben seien.

Dem hielt der Mann entgegen, dass er mit seiner Grunderkrankung des CFS im System der GKV nicht hinreichend versorgt sei. Er benötige verschiedene Arzneimittel und Behandlungen, wobei etablierte Therapien kaum zur Verfügung stünden.

Der Antrag ist beim Landessozialgericht erfolgreich. Es verpflichtete die Krankenkasse zur Leistung. Auch wenn die Leistungsvoraussetzungen der evidenzbasierten Medizin nicht erfüllt seien, müsse die Kasse die Präparate im Ausnahmefall einer schweren Erkrankung übernehmen. Das Gericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf einen Sachverständigen. Demnach stünden für das CFS keine Standard-Therapien des GKV-Leistungskatalogs zur Verfügung. In der Wissenschaft würden lediglich symptombezogene Versorgungen diskutiert. Das Gericht verwies ferner auf die Antwort der Bundesregierung bezüglich einer Anfrage zur aktuellen Situation in Versorgung und Forschung zum CFS. Darin dokumentiere sich die aktuelle Hoffnungslosigkeit der therapeutischen Zugänglichkeit der Erkrankung. Daher könne im Ausnahmefall auch auf abgesenkte Evidenzmaßstäbe zurückgegriffen werden.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

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