Tipp des Monats

Tipp des Monats September 2023

Teure Gutachten bei kleinen Unfällen? Kosten müssen nicht übernommen werden.

Gummersbach/Berlin (DAV). Die Kosten für ein Schadengutachten durch einen Sachverständigen müssen bei einem Bagatellschaden nicht erstattet werden. Dies entschied das Amtsgericht Gummersbach am 14. April 2023 (AZ: 11 C 175/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. Das Gericht legte dabei eine Geringfügigkeitsgrenze bei 1.000 Euro fest und betonte, dass keine Zweifel an der Geringfügigkeit des Schadens nach Unfallhergang und Schadensbild bestehen dürfen. In dem Fall verlangte eine Sachverständige, die Gutachten nach Verkehrsunfällen erstellt, von der Beklagten die Erstattung von Kosten für ein solches Gutachten. Diese entstanden infolge eines Verkehrsunfalls, bei dem der Sachschaden unterhalb der festgelegten Bagatellgrenze lag. Es handelte sich um einen Schaden von nur 767,38 Euro netto. Das Gutachten enthält zum Schadensbild u.a. nachfolgende Ausführungen: „Leichter punktförmiger Anprall auf die Frontpartie mit Schwerpunkt Stoßfänger.“  Die Klägerin berief sich darauf, dass die Geschädigte den Umfang des Schadens selbst nicht hätte beurteilen können. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass der Auftrag eines Gutachtens bei Bagatellschäden im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht erforderlich und daher die Forderung unbegründet sei. Die Klägerin hätte erkennen können, dass es sich nur um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Diese seien nach Verkehrsunfällen dann anzunehmen, wenn offensichtlich nur oberflächliche Schäden an einem Fahrzeug bei einem geringfügigen Unfall entstanden sind. Dies habe bereits nach Feststellung der Gutachterin vorgelegen. Geschädigte könnten bei geringfügigen Schäden eine Kostenschätzung einer Fachwerkstatt einholen. So könnten zusätzliche Kosten vermieden und die Schadensminderungspflicht erfüllt werden. Information: www.verkehrsrecht.de

Urteile

Haftpflichtversicherung muss nicht jeden Miet-Tarif erstatten

Karlsruhe/Berlin. Mietet ein Autofahrer nach einem Unfall für die Dauer der Reparaturzeit einen Pkw zu einem so genannten Unfallersatztarif statt zum günstigeren Normaltarif, ist die zuständige Haftpflichtversicherung nicht immer verpflichtet, diesen höheren Tarif zu erstatten. Dies ergeht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 06. März 2007 mit (AZ: VI ZR 36/06).

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Werbung per Post weiterhin zulässig – Datenschutz muss aber beachtet werden

Stuttgart/Berlin (DAV). Werbeschreiben an Personen im Wege des Lettershop-Verfahrens müssen hingenommen werden. Die Firmen haben ein berechtigtes Interesse, Verbraucher:innen mit direkt an sie gerichteter Werbung zu kontaktieren. Dies entschied das Landgericht Stuttgart am 25. Februar 2022 (AZ: 17 O 807/21), wie das Rechtsportal anwaltauskunft.de mitteilt. Damit wurde die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von postalischen Werbeschreiben bekräftigt.

In der digitalen Ära ist die Frage der Direktansprache und der Verarbeitung personenbezogener Daten ein häufig diskutiertes Thema zwischen Datenschutz- und Wettbewerbsrecht. Das sogenannte Lettershop-Verfahren sieht vor, dass Werbetreibende den Inhalt ihrer geplanten Werbeschreiben bereitstellen, während die Adressierung und der Versand unmittelbar durch den Werbedienstleister oder einen beauftragten Subunternehmer erfolgen, ohne dass die genaue Adresse an den Werbetreibenden weitergegeben wird.

Das Landgericht Stuttgart hat in einer Entscheidung die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von postalischer Direktwerbung im Kontext des Lettershop-Verfahrens bestätigt. Laut dem Gericht stellt die Direktwerbung ein „berechtigtes Interesse“ gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar. Das Gericht argumentierte, dass Werbetreibende ein wirtschaftliches Interesse an der Übermittlung von Geschäftsinformationen haben, welches von der DSGVO anerkannt wird.

Die postalische Direktwerbung wurde als ein unverzichtbares Instrument betrachtet, um (Neu-)Kunden effektiv anzusprechen, insbesondere wenn kein anderes Mittel diesen Zweck gleichermaßen erfüllt. Eine sorgfältige Abwägung der Interessen wurde durchgeführt, bei der die Interessen des Werbetreibenden als nicht überwiegend gegenüber denen des Betroffenen eingestuft wurden. Daher wurde das Lettershop-Verfahren, bei dem der Werbetreibende nicht direkt auf die genaue Adresse des Empfängers zugreift, als datenschutzkonform betrachtet. Das Urteil liefert eine wichtige Klarstellung für Werbetreibende bezüglich der Nutzung personenbezogener Daten in der postalischen Werbung.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

Das Rechtsportal anwaltauskunft.de ist eine Leistung des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Erhöhung des Regelsatzes bei Handyverstoß: Verdoppelung bei aggressiven Verhalten

Ellwangen/Berlin (DAV). Ein Handyverstoß im Straßenverkehr, kombiniert mit aggressivem und respektlosem Verhalten gegenüber der Polizei, kann zu einer Verdoppelung des regulären Bußgeldes führen. Dies entscheid das Amtsgericht Ellwangen am 14. April 2023 (AZ: 7 OWi 36 Js 5096/23), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Der Betroffene, der einen Abschlepp- und Pannendienst betreibt, wurde von einer Polizeistreife erwischt, als er während der Fahrt sein Smartphone benutzte. Er wurde von der Polizei angehalten und reagierte feindselig, zudem bezeichnete er den Handyverstoß als „Kleinigkeit“. Weiterhin drohte er den Polizeibeamten damit, nie wieder für die Polizei Fahrzeuge abzuschleppen und hinterfragte deren Prioritäten. Zusätzlich schlug er aus Wut mit der flachen Hand auf die Motorhaube des Polizeifahrzeugs.

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen aufgrund seiner vorschriftswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes während der Fahrt zu einer Geldbuße von 200 Euro, obwohl die reguläre Geldbuße für einen solchen Verstoß nur 100 Euro beträgt. Das Gericht begründete diese Erhöhung mit dem aggressiven Verhalten und der fehlenden Einsicht des Betroffenen.