Immer auf Sicht fahren!

Das Sichtfahrgebot verlangt von einem Kraftfahrer seine Geschwindigkeit zu jeder Zeit den äußeren Umständen anzupassen, um rechtzeitig vor einem Hindernis anhalten zu können. Wie aus einem Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Köln vom 11. Oktober 2002 (AZ: 3 U 26/02) hervorgeht, verstößt gegen das Sichtfahrgebot, wer bei Dunkelheit und regennasser Fahrbahn schneller als 45 km/h fährt.


Kläger waren die Witwe und die Kinder des bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Mannes. Dieser hielt am 26. November 1996 gegen 17:30 Uhr den hinter ihr fahrenden PKW auf der Straße an und stieg selbst aus seinem Wagen aus. Dieses hatte er weder am rechten Fahrbahnrand noch mit eingeschalteten Warnblinklicht nur 40 cm von der Mittellinie entfernt abgestellt. Zur gleichen Zeit befuhr die Beklagte mit ihrem PKW die regennasse Fahrbahn in entgegengesetzter Richtung mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h. Ungebremst kollidierte sie mit dem sich auf der Fahrbahn befindlichen Ehemann und Vater der Kläger. Noch am Unfalltag verstarb er an den Folgen des Unfalls. Ein bestellter Sachverständiger stellte danach in seinem Gutachten fest, dass der Unfall für die Beklagte bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von max. 45 km/h und erhöhter Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen wäre.

Die Kläger verlangten von der Beklagten Schadenersatz. Die Richter sprachen der Beklagten 20% der Schuld zu und wiesen die Klage im übrigen zurück. Neben dem grob verkehrswidrigen Verhalten des Ehemannes und Vaters der Kläger sei der Beklagten ein verstoß gegen das Sichtfahrgebot vorzuwerfen. Demnach muss ein Kraftfahrer seine Geschwindigkeit so einrichten, dass er jederzeit vor einem Hindernis anhalten kann, es sei denn, dass dieses völlig unvermittelt in seine Fahrbahn gelangt. Wie das Sachverständigengutachten zeige, ist ein Fußgänger bei den zur Unfallzeit herrschenden Verhältnissen - Dunkelheit, nasse Fahrbahn - erst aus einer Entfernung von 20m - 35m wahrnehmbar. Bei den genannten Witterungsverhältnissen sei daher laut Gutachten eine Geschwindigkeit zwischen 35 km/h und 45 km/h angemessen. Letztlich sei aber zu berücksichtigen, dass ein Kraftfahrer während der Fahrt kaum den stets wechselnden Anhalteweg neu berechnen kann. Daher wurde eine Mitschuld festgestellt.