Versicherungsrecht
Strafe wegen überschrittener Fahrleistung in der Kaskoversicherung?
Koblenz/Berlin (DAV). Viele Kaskoversicherungen beziehen sich in ihren Verträgen auf die jährliche Fahrleistung. Dieser ist dann Maßstab für die Versicherungsprämie. In den Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung (AKB) sind Vertragsstrafen vorgesehen. Eine solche Strafe kann aber nur dann verlangt werden, wenn ein Versicherungsnehmer die vereinbarte maximale Fahrleistung pro Jahr überschreitet und dies vorsätzlich nicht anzeigt. Dies folgt einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 1. September 2021 (AZ: 16 S 2/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Beklagte versicherte sein Kfz bei der Klägerin im Rahmen einer Kaskoversicherung. Im Vertrag war als maximale Fahrleistung 15.000 km pro Jahr vereinbart. Im Rahmen einer Unfallregulierung fiel der Versicherung auf, dass diese Jahresfahrleistung durch überschritten worden war. Die Klägerin verlangte daraufhin auf Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die KFZ-Versicherung von dem Beklagten eine Vertragsstrafe von 500,00 Euro. Da er nicht zahlte, klagte die Versicherung.
Die Versicherung scheiterte mit ihrer Klage. Das Gericht hielt die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Regelung für die Vertragsstrafen für unwirksam. Die Vertragsstrafe benachteilige den Versicherungsnehmer unangemessen. Die Höhe der Vertragsstrafe sei im Verhältnis zum Verstoß und zu seinen Folgen unverhältnismäßig.
Zwar war dem Gericht klar, dass Maßstab für die Versicherungsprämien auch die Fahrleistung ist. Auch führe eine Erhöhung der Fahrleistung zu einer neuen Berechnung der Prämien. Daher könne die Nichtanzeige grundsätzlich sanktioniert werden. Ansonsten wäre es jedem Versicherungsnehmer risikolos möglich, unangemessen niedrige Jahreskilometerangaben zu machen, um eine möglichst niedrige Versicherungsprämie zu zahlen. Allerdings sehe die Geschäftsbedingungen hier eine Vertragsstrafe auch ohne Vorsatz vor. Bei einem vorsätzlichen Verstoß hätte das Gericht diese Vertragsstrafe von 500 Euro auch gebilligt.
In diesem Fall sollte es die Vertragsstrafe aber bereits bei einfach fahrlässigem Verhalten geben. Dementsprechend wäre sie bereits fällig, wenn man die Jahresfahrleistung um nur einem Kilometer und einem deshalb zu niedrig angesetzten Beitrag von 0,01 Euro. Bei einem einfach fahrlässigen Verstoß stehe diese Höhe der Vertragsstrafe jedoch außer Verhältnis zu dessen Folgen. Der Betroffene musste demnach keine Vertragsstrafe mehr zahlen.
Information: www.verkehrsrecht.de
Zahnfehlstellung keine Anomalie – Versicherungsklausel unzulässig
Frankfurt/Berlin (DAV). Fragen einer Krankenversicherung bei Vertragsabschluss, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzen, sind grundsätzlich unzulässig. Sie können deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen. Fragt die Krankenversicherung bei Vertragsabschluss einer privaten Krankheitskostenversicherung nach bestehenden „Anomalien“ in Bezug auf Zahnfehlstellungen, ist dies zu unklar. Sie darf daher die Kostenübernahme für kieferorthopädische Behandlungen nicht verweigern. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 24. März 2021 (AZ: 7 U 44/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
In dem Fall ging es um die Erstattung von Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung der Tochter des Klägers. Im März 2017 schloss der Kläger eine private Krankheitskosten- und Pflegeversicherung. Seine neunjährige Tochter versicherte er mit. Dabei musste er mehrere Fragen beantworten. Er beantwortete folgende Frage mit „nein“: „Bestehen/bestanden in den letzten 3 Jahren Beschwerden, Krankheiten, Anomalien (auch Implantate (zum Beispiel Brustimplantate) und/oder Unfallfolgen...), die nicht ärztlich ...behandelt wurden?“
Seit 2011 befand sich seine Tochter in regelmäßiger zahnärztlicher Kontrolle. Sie hatte einen Engstand der Backenzähne. Bei einem Unfall im Sommer 2017 brach sich die Tochter einen Zahn ab. Im Zusammenhang mit dieser Behandlung wurde die Indikation für eine kieferorthopädische Behandlung gestellt; im Heilbehandlungs- und Kostenplan der Kieferorthopädin vom November 2017 heißt es u.a. „Platzmangel im UK (Unterkiefer), Scherenbiss Zahn 24, diverse Rotationen und Kippungen“.
Die Versicherung wollte die Behandlungskosten nicht übernehmen. Der Kläger hätte den Engstand der Backenzähne seiner Tochter als „Anomalie“ angeben müssen. Das Unternehmen hätte den Vertrag sonst nicht ohne Einschränkungen abgeschlossen. Der Kläger meinte, er habe erstmals im Sommer 2017 von der Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Behandlung gewusst. Auf eine solche habe zuvor nichts hingedeutet, insbesondere auch nicht der Engstand der Backenzähne.
Das Landgericht hatte die Klage auf Erstattung von Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung noch abgewiesen. Beim Oberlandesgericht hatte der Kläger Erfolg. Es verurteilt die Krankenversicherung zur Übernahme der kiefernorthopädischen Aufwendung. Sie könne sich nicht auf einen Risikoausschlusses für die Behandlung von Zahnfehlstellungen/Anomalien berufen. Der Kläger habe keine Anzeigepflichten verletzt. Soweit bei seiner Tochter ein Engstand der Backenzähne vorgelegen habe, sei dies nicht anzeigepflichtig gewesen. Es handele sich nicht um eine „Krankheit“. „Krankheit“ im versicherungsvertraglichen Sinne sei „ein anormaler Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt“, so das Gericht.
In Hinblick auf eine mögliche „Anomalie“ sei die Frage in dem Antragsformular zu unklar formuliert gewesen. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht erkennbar, was unter einer Anomalie im Zahnbereich zu verstehen ist. Darunter würde man eher eine Missbildung oder eine Behinderung verstehen und keine Zahn- und Kieferfehlstellung. Dafür spreche auch der Klammerzusatz, der auf Implantate verwies. Fragen, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzten, seien grundsätzlich unzulässig. Sie könnten deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen.
Informationen: www.dav-medizinrecht.de
Darf die Versicherung Schadenersatz verweigern, wenn das Wohnmobil zu hoch ist?
München/Berlin (DAV). In zahlreichen Versicherungsverträgen ist die versicherte Höhe eines Wohnmobils begrenzt, oft auf 3,20 Meter. Das kann auch entscheidend für die Kosten des Rücktransports eines liegengebliebenen Wohnmobils sein. Der Eigentümer kann aber die zulässige Höhe dadurch erreichen, dass er Dachaufbauten entfernt und Luft aus den Reifen lässt. Dann muss die Versicherung für die Transportkosten aufkommen, so das Amtsgericht München am 26. Oktober 2020 (AZ: 191 C 5230/20). Es kommt es auf die tatsächliche Höhe beim Rücktransport an, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). |
Kfz-Versicherung: „Garagenauto“ gehört in die Garage
Magdeburg/Berlin (DAV) - Wenn beim Tarif in einer Kaskoversicherung das Merkmal „Garage“ vereinbart ist, muss das Auto auch in der Garage stehen. Parkt man nachts davor, kann die Versicherung bei einem Diebstahl den Anspruch um 30 Prozent kürzen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 11. September 2018 (AZ: 11 O 217/18). Sind bestimmte Kriterien im Versicherungsvertrag vereinbart, muss man sie auch einhalten, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). |
Änderung im Schadensersatzrecht II.: Ersatzansprüche von Insassen bei Unfällen werden verbessert
Berlin. Mit dem 01. August 2002 in Kraft tretenden Schadensersatzrechtsänderungsgesetz verbessern sich die Anspruchsvoraussetzungen für die Insassen von Kraftfahrzeugen. Insassen bekommen zukünftig auch dann Schadensersatz, wenn weder dem eigenen Fahrer, noch dem Unfallgegner ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Fahrzeuginsassen erhielten keinen Schadensersatz, wenn beispielsweise bei einem Kreuzungsunfall nicht geklärt werden konnte, wer von den beiden Beteiligten bei Rotlicht in dei Kreuzung eingefahren war.
Wunderkerzen am Weihnachtsbaum: Versicherungsschutz entfällt
Offenburg/Berlin. Wer an seinem Weihnachtsbaum Wunderkerzen anzündet, verliert bei einem daraus entstehenden Brand seinen Versicherungsschutz gegenüber der Hausratversicherung. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts Offenburg vom 17. Oktober 2002 (AZ: 2 O 197/02).
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Wie häufig muss ein Versicherungsnehmer die Beheizung seines Gebäudes kontrollieren?
Karlsruhe/Berlin. In der kalten Jahreszeit kommt es gelegentlich in Gebäuden zu Frostschäden an Wasserleitungen, weil die Heizung ausgefallen ist. Diese Schäden sind generell durch die Gebäudeversicherung abgedeckt. Bei lediglich vorübergehend nicht genutzten Gebäuden verweigert aber die Versicherung immer wieder die Leistung mit der Begründung, dass der Versicherungsnehmer die Obliegenheit verletzt hat, die Beheizung hinreichend zu kontrollieren.
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Wer trägt die Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall?
Berlin. Jeden Tag ereignen sich vielfach Unfälle auf deutschen Straßen. Viele Beteiligte sind an diesen Unfällen schuldlos. Grundsätzlich bezahlt immer der Schuldige die Anwaltskosten. Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall scheuen aber viele Geschädigte oft den Weg zum Anwalt und "verschenken" damit häufig Ersatzansprüche, die ihnen in Wirklichkeit zustehen. Hierzu gehören z. B. Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und vieles mehr. Sollte die Schuldfrage einmal ungeklärt sein, ist Expertenwissen unverzichtbar.
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Wenn der Funke überspringt
Coburg/Berlin. Wer Teelichter in seiner Wohnung anzündet, muss nicht zwangsläufig bei einem späteren Schwelbrand dafür haften. Erst wenn man die Kerzen unbeaufsichtigt lässt, hat man für den daraus entstehenden Schaden aufzukommen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Coburg vom 30. April 2008 (AZ: 13 O 714/07) hervor.
Weniger Schmerzensgeld bei freiwilliger "Risikofahrt"
Berlin. Wer sich zu einem erkennbar angetrunkenen Fahrer ins Auto setzt, nimmt wissentlich ein hohes Risiko in Kauf. Bei einem Unfall steht ein Teil der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche auf dem Spiel. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz am 9. Januar 2006 (Az.: 12 U 058/04).
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