Versicherungsrecht

Autodiebstahl: Werden Rabatte beim Schadensersatz berücksichtigt

Dresden/Berlin (DAV). Wenn in einer Kaskoversicherung beim Schadensersatz nach einem Diebstahl orts- und marktübliche Nachlässe zum Neupreis vereinbart sind, dann hat diese Klausel Bestand. Ob der Versicherte dann tatsächlich diesen Rabatt bei einem Neukauf erhält, ist unerheblich. Dies entschied das Oberlandesgericht Dresden am 24. Oktober 2022 (AZ: 4 U 1545/22), teilt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) mit.

Dem Versicherungsnehmer wurde sein Fahrzeug gestohlen. Seine Kfz-Versicherung zahlte gut 41.000 €. Laut den Versicherungsbedingungen erhält der Mann bei einem Diebstahl den Neupreis „abzüglich orts- und marktüblicher Nachlässe“. Tatsächlich legte der Kläger ein Angebot des Autohauses vor, bei dem er das entwendete Fahrzeug gekauft hatte. Die Ersatzbeschaffung beziffert das Autohaus mit fast 48.000 €, Rabatte würden nicht gewährt. Der Versicherte verlangte nun weiteren Schadensersatz, also die Differenz.

Jedoch ohne Erfolg. Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, ob der Betroffene vom Anbieter seiner Wahl tatsächlich einen Rabatt erhält. Die Klausel in den Versicherungsbedingungen sei eindeutig. Es komme allein auf die möglicherweise zu erziehenden Rabatte an, die orts- und marktüblich wären. Ein vom Gericht eingeholtes Gutachten bestätigte, dass die bereits geleistete Zahlung den üblichen Preisen für ein Ersatzfahrzeug entsprechen.

Es wird aber von den Betroffenen nicht verlangt, das „billigste“ Angebot herauszusuchen, betonen die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Es werden lediglich solche Nachlässe angerechnet, die ohne weiteres am Markt in der Umgebung erzielt werden können.

Information: www.verkehrsrecht.de

Höhere Prämie nach Verkehrsunfall – Versicherer entscheidet über Regulierung des Schadens

Nürnberg/Berlin (DAV). Bei einem streitigen Verkehrsunfall steht dem Versicherer ein Ermessensspielraum zu, ob er den Schaden reguliert. Im Zweifel müssen dann Versicherte eine Rückstufung ihrer Freiheitsklasse hinnehmen, auch wenn sie bestreiten, den Unfall verursacht zu haben. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Nürnberg vom 27. April 2022 (AZ: 35 C 5704/21).

Die Klägerin ist bei der Beklagten haftpflichtversichert. Sie war in einen Verkehrsunfall verwickelt, allerdings gab sie an, den Unfall nicht verursacht zu haben. Ihre Versicherung regulierte dennoch nach einer Prüfung den Schaden beim Unfallgegner. Die Klägerin wollte daraufhin feststellen lassen, dass „die Beklagte nicht berechtigt ist, den zwischen den Parteien bestehenden Pkw-Haftpflichtversicherungsvertrag dahingehend abzuändern, dass die Beklagte (…) höhere Versicherungsbeiträge geltend“ machen dürfe.

Die Klage scheiterte. Nach Auffassung des Amtsgerichts habe die Versicherung ihr zustehendes Regulierungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Auch wenn die Schuld am Unfall bestritten wird, könne sich der Versicherer für eine Regulierung entscheiden. Die geltend gemachten Ansprüche dürften aber nicht offensichtlich unbegründet sein. Außerdem müsse der Versicherer eine ausreichende Prüfung der Sachlage vornehmen. Die Versicherung habe dem dadurch entsprochen, indem sie zunächst in die Ermittlungsakte einsah. Zudem hätte die Beklagte einen eigenen Sachverständigen bestellt, der die Schadensdarstellung des Geschädigten und der Polizei bestätigte.

Es komme immer wieder vor, dass KFZ-Versicherer den Schaden regulieren, obwohl die eigenen Versicherten eine Verantwortung an einem Unfall bestreiten, so die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Gerade bei kleineren Streitwerten sei es aber wirtschaftlicher einen plausibel geltenden gemachten Schadensersatz zu leisten.

Gebrauchtwagen mit nur einem Schlüssel gekauft – Zahlt Versicherung bei Diebstahl?

Bielefeld/Berlin (DAV). Wer ein Fahrzeug lediglich mit einem Schlüssel kauft, muss die Schließanlage nicht austauschen. Kann dem Käufer im Hinblick auf den Diebstahl kein grober Verstoß vorgeworfen werden, muss die Kaskoversicherung bei Diebstahl zahlen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Bielefeld vom 17. Mai 2021 (AZ: 18 O 144/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert. In dem Fall kannte der Käufer den Verkäufer und musste keinen Verdacht schöpfen.

Der Kläger meldete den Diebstahl seines Porsche Panamera 4S. Er hat den Wagen in Rumänien mit nur einem Schlüssel erworben. Nun wollte er aus der Diebstahlversicherung eine Entschädigung in Höhe von 42.700 Euro bekommen. Er habe das Fahrzeug abends auf dem Parkplatz vor seiner Mietwohnung abgestellt. Sowohl am späteren Abend als auch am frühen Morgen des nächsten Tages habe es noch dort gestanden. Als er gegen 10:30 Uhr wegfahren wollte, stellte er den Diebstahl fest. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft blieben erfolglos. Die Versicherung forderte die notwendigen Unterlagen und lehnte danach eine Regulierung im Januar 2020 ab. Dennoch durfte der Kläger von seiner Kfz-Versicherung die Entschädigung in Höhe des Kaufpreises des versicherten Fahrzeugs verlangen. 

Ein Diebstahlopfer könne in der Regel den Vollbeweis eines Diebstahls – mangels Zeugen - nicht führen. Deshalb würden ihm Erleichterungen bei der Darstellung des Falls eingeräumt. Es genüge, wenn nach dem äußeren Bild nach der Lebenserfahrung ein Diebstahl wahrscheinlich ist. Dies sei dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abstellt, an dem er es später nicht wieder vorfinde.

Ihm sei auch kein Vorwurf zu machen, dass er beim Gebrauchtwagenkauf nur einen Schlüssel erhielt und die Schließanlage nicht ausgetauscht habe. „Der Verlust des Zweitschlüssels oder auch der Erwerb eines gebrauchten Fahrzeugs mit nur einem Schlüssel sind nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht derart unüblich, dass daraus gesteigerte und in einem solchen Maße aufwendige Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind,“ erläuterte das Gericht. Dem Kläger könne hier kein schwerer Verstoß vorgeworfen werden, da er nach seinen unbestrittenen Angaben den Verkäufer schon länger kannte und bei ihm bereits mehrere Autos gekauft hatte.

Information: www.verkehrsrecht.de

Silvesterfeuerwerk: Rechtslage bei illegalen Böllern und Schäden am PKW

Berlin (DAA). Das neue Jahr darf wieder mit Feuerwerk begrüßt werden. Während sich Viele auf den gebührenden Jahresabschluss freuen, sorgen sich Andere um Lärmbelästigung und den auf der Straße parkenden PKW. Der Kauf von pyrotechnischen Gegenständen ist in Deutschland zwischen dem 28. bis 31. Dezember möglich. Über die Rechtslage informiert das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.

Wer mit nicht-zugelassenen Böllern aus dem Ausland von der Polizei erwischt wird, muss mit hohen Strafen rechnen,“ warnt Swen Walentowski von der Deutschen Anwaltauskunft. Nach dem Sprengstoffgesetz wären in Deutschland an Silvester Feuerwerkskörper der Kategorie F1 und F2 erlaubt. Dazu zählten Tischfeuerwerk, Knallfrösche, Wunderkerzen sowie kleine Raketen und Batteriefeuerwerk.

Illegal sind umgangssprachlich so genannte „Polenböller“ oder „Tschechenkracher“.

Ihre Schall- und Sprengwirkung sind oft höher als die der Kategorie F1 und F2.

Wer sie aus dem Ausland einführt und abbrennt, muss mit Geldstrafen bis 10.000 Euro rechnen. Bei groben Verstößen kann eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe verhängt werden. „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, sodass die Polizei Betroffene in jedem Fall anzeigt,“ so der Sprecher der Anwaltauskunft. Um auf der sicheren Seite zu sein, solle man zwischen dem 28. und 31. Dezember in deutschen Märkten zugelassenes Silvesterfeuerwerk kaufen. Dieses trage eine F1/F2-, CE-, sowie NEM-Kennzeichnung.

Wer haftet für PKW-Schäden durch Feuerwerkskörper?

Wer keine Garage zur Verfügung hat, sollte sein Auto zum Jahreswechsel in einer ruhigen Seitenstraße parken. Bäume können zudem Schutz für herabfallende Feuerwerksreste bieten. Bei Schiebedächern kann man zusätzlich den Windabweiser abbauen oder zukleben, damit sich keine Böller verfangen.

Grundsätzlich gilt das Verursacherprinzip,“ so Walentowski. Die Person, die Rakete oder den Böller gezündet hat, müsse für die Schäden aufkommen. Diese lasse sich an Sylvester aber meist nicht ermitteln. Wenn niemand für den Schaden haftbar gemacht werden kann, erstatte die Teilkaskoversicherung Brand-, Explosions- und Glasbruchschäden. Bei mutwilligen Vandalismusschäden greife hingegen nur die Vollkaskoversicherung. Dies kann jedoch eine höhere und damit teurere Einstufung in der Schadenfreiheitsklasse zur Folge haben.

Ohne Voll- und Teilkasko bleibt man auf den Kosten sitzen,“ erläutert der Rechtsanwalt. In jedem Fall solle man den Schaden bei der Polizei anzeigen und Fotos für die Versicherung machen.

Bei Schäden am Fahrzeug ist es für Betroffene sinnvoll, mit anwaltlicher Hilfe einen Anspruch auf Schadensersatz zu prüfen. Den passenden Rechtsbeistand sowie weitere Informationen findet man unter www.anwaltauskunft.de.

Schmerzensgeld wegen Sturz auf nassem Weg zur Terrasse?

Frankfurt/Berlin (DAV). Ein Grundstückseigentümer muss den Weg zu seiner Terrasse nicht gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer absichern. Kann der Nutzer etwaige Sturzgefahren auf dem regennassen, mit Blättern und Ästen bedeckten Steinweg mit der gebotenen Sorgfalt selbst abwenden, bestehen keine weitergehenden Verkehrssicherungspflichten. Das folgt einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. September 2022 (AZ: 17 W 17/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Antragstellerin hatte eine Garage gemietet. Daneben befindet sich auf dem Grundstück der Antragsgegnerin ein unbeleuchteter Steinweg, der über eine offene Tür von der Garage der Antragstellerin aus erreichbar ist. Der Weg führt zur Terrasse der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin behauptete, die Antragsgegnerin habe mit ihr reden wollen. Sie habe erstmals diesen Steinweg bei Dunkelheit genutzt, um zu der Antragsgegnerin zu gelangen. Auf dem Rückweg sei sie auf dem mit Blättern, Ästen und Moos bedeckten, regennassen und schmierigen Weg gestürzt. Dabei habe sie sich eine Scham-, Sitz- und Kreuzbeinfraktur zugezogen. Die Antragsgegnerin habe nach ihrer Darstellung die Verkehrssicherungspflichten verletzt. Daher wolle sie die Antragsgegnerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 Euro verklagen und beantragte Prozesskostenhilfe.

Ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wies bereits das Landgericht zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde war auch vor dem Oberlandesgericht erfolglos. Die Grundstückseigentümerin treffe zwar grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich ihres Grundstücks. Es sei aber nicht ihre Aufgabe, den Weg zu der Terrasse ihres Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen Risiken für die Nutzer auszugestalten. Sie habe vielmehr nur die Gefahren beseitigen müssen, die für sorgfältige Nutzer nicht erkennbar gewesen seien, mit denen diese nicht rechnen müssten und auf die sie sich auch nicht einrichten könnten. Die Antragstellerin habe bei Dunkelheit einen für sie erkennbar nicht als eigentlichen Zugangsweg zu dem Wohnhaus gewidmeten Weg benutzt. Ihr sei der Weg nicht bekannt gewesen. Daher hätte sie sich als sorgsamer Nutzer „eingedenk der Unübersichtlichkeit der Bodenbeschaffenheit mit angepasster, besonderer Sorgfalt“ bewegen müssen. Dass sie dies getan habe, habe die Antragstellerin nicht dargestellt.

Kann sich auch Reparaturwerkstatt auf Werkstattrisiko berufen?

Stuttgart/Berlin (DAV). Das so genannte Werkstattrisiko soll Geschädigte schützen. Demnach sind auch Kosten zu erstatten, die zwar objektiv nicht erforderlich waren, die der Geschädigte jedoch weder erkennen noch beeinflussen konnte. Er soll nicht auf einem Schaden sitzen bleiben. Tritt er jedoch seine Forderung gegen die gegnerische Versicherung an die Reparaturwerkstatt ab, kann sich die Werkstatt als Fachbetrieb nicht auf das Werkstattrisiko berufen. Dies folgt einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 25. Mai 2022 (AZ: 13 S 33/22).

Nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) wird diese Frage von dem Landgericht unterschiedlich entschieden. So konnte sich auch eine Reparaturwerkstatt auf das Werkstatt- und Prognoserisiko berufen, da sich mit der Abtretung eines Anspruchs dessen Inhalt nicht ändere. (Landgericht Bremen, 22, Dezember 2021; AZ: 4 S 187/21).

In dem in Stuttgart entschiedenen Fall war die volle Haftung der gegnerischen Haftpflichtversicherung nach einem Unfall eindeutig. Die Geschädigte holte ein Sachverständigengutachten ein und beauftragte die Werkstatt mit der Reparatur des Fahrzeugs. Das Unfallopfer trat die Forderung gegen die Haftpflichtversicherung in Bezug auf die Reparaturkosten an die Werkstatt ab. Die Werkstatt stellte gut 5000 € in Rechnung. Die Versicherung erstattete die Kosten bis auf die Position „Arbeitsplatzwechsel“ in Höhe von 227,31 € brutto. Diesen Betrag klagte die Werkstatt ein.

Jedoch ohne Erfolg. Das so genannte Werkstattrisiko gelte grundsätzlich nur für die Geschädigten selbst. Wenn Geschädigte ein Gutachten einholen und eine Werkstatt beauftragen, geht das so genannte Werkstatt- und Prognoserisiko zulasten des Schädigers. Demnach seien auch solche Kosten erstattungsfähig, die objektiv nicht erforderlich waren, aber der Geschädigte sie nicht erkennen oder beeinflussen konnte. Diesen Schutz eines Unfallopfers vor überhöhten oder nicht erforderlichen Kosten benötige die Werkstatt als Fachfirma aber nicht. Dies gelte selbst dann, wenn im Rahmen der Abtretung vereinbart worden war, dass nicht erstattete Kosten der Geschädigte selbst tragen muss. Diese könne er dann wiederum als Werkstattrisiko vom gegnerischen Haftpflichtversicherer verlangen.

Information: www.verkehrsrecht.de

Strafe wegen überschrittener Fahrleistung in der Kaskoversicherung?

Koblenz/Berlin (DAV). Viele Kaskoversicherungen beziehen sich in ihren Verträgen auf die jährliche Fahrleistung. Dieser ist dann Maßstab für die Versicherungsprämie. In den Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung (AKB) sind Vertragsstrafen vorgesehen. Eine solche Strafe kann aber nur dann verlangt werden, wenn ein Versicherungsnehmer die vereinbarte maximale Fahrleistung pro Jahr überschreitet und dies vorsätzlich nicht anzeigt. Dies folgt einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 1. September 2021 (AZ: 16 S 2/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Der Beklagte versicherte sein Kfz bei der Klägerin im Rahmen einer Kaskoversicherung. Im Vertrag war als maximale Fahrleistung 15.000 km pro Jahr vereinbart. Im Rahmen einer Unfallregulierung fiel der Versicherung auf, dass diese Jahresfahrleistung durch überschritten worden war. Die Klägerin verlangte daraufhin auf Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die KFZ-Versicherung von dem Beklagten eine Vertragsstrafe von 500,00 Euro. Da er nicht zahlte, klagte die Versicherung.

Die Versicherung scheiterte mit ihrer Klage. Das Gericht hielt die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Regelung für die Vertragsstrafen für unwirksam. Die Vertragsstrafe benachteilige den Versicherungsnehmer unangemessen. Die Höhe der Vertragsstrafe sei im Verhältnis zum Verstoß und zu seinen Folgen unverhältnismäßig.

Zwar war dem Gericht klar, dass Maßstab für die Versicherungsprämien auch die Fahrleistung ist. Auch führe eine Erhöhung der Fahrleistung zu einer neuen Berechnung der Prämien. Daher könne die Nichtanzeige grundsätzlich sanktioniert werden. Ansonsten wäre es jedem Versicherungsnehmer risikolos möglich, unangemessen niedrige Jahreskilometerangaben zu machen, um eine möglichst niedrige Versicherungsprämie zu zahlen. Allerdings sehe die Geschäftsbedingungen hier eine Vertragsstrafe auch ohne Vorsatz vor. Bei einem vorsätzlichen Verstoß hätte das Gericht diese Vertragsstrafe von 500 Euro auch gebilligt.

In diesem Fall sollte es die Vertragsstrafe aber bereits bei einfach fahrlässigem Verhalten geben. Dementsprechend wäre sie bereits fällig, wenn man die Jahresfahrleistung um nur einem Kilometer und einem deshalb zu niedrig angesetzten Beitrag von 0,01 Euro. Bei einem einfach fahrlässigen Verstoß stehe diese Höhe der Vertragsstrafe jedoch außer Verhältnis zu dessen Folgen. Der Betroffene musste demnach keine Vertragsstrafe mehr zahlen. 

Information: www.verkehrsrecht.de

Zahnfehlstellung keine Anomalie – Versicherungsklausel unzulässig

Frankfurt/Berlin (DAV). Fragen einer Krankenversicherung bei Vertragsabschluss, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzen, sind grundsätzlich unzulässig. Sie können deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen. Fragt die Krankenversicherung bei Vertragsabschluss einer privaten Krankheitskostenversicherung nach bestehenden „Anomalien“ in Bezug auf Zahnfehlstellungen, ist dies zu unklar. Sie darf daher die Kostenübernahme für kieferorthopädische Behandlungen nicht verweigern. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 24. März 2021 (AZ: 7 U 44/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

In dem Fall ging es um die Erstattung von Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung der Tochter des Klägers. Im März 2017 schloss der Kläger eine private Krankheitskosten- und Pflegeversicherung. Seine neunjährige Tochter versicherte er mit. Dabei musste er mehrere Fragen beantworten. Er beantwortete folgende Frage mit „nein“: „Bestehen/bestanden in den letzten 3 Jahren Beschwerden, Krankheiten, Anomalien (auch Implantate (zum Beispiel Brustimplantate) und/oder Unfallfolgen...), die nicht ärztlich ...behandelt wurden?“

Seit 2011 befand sich seine Tochter in regelmäßiger zahnärztlicher Kontrolle. Sie hatte einen Engstand der Backenzähne. Bei einem Unfall im Sommer 2017 brach sich die Tochter einen Zahn ab. Im Zusammenhang mit dieser Behandlung wurde die Indikation für eine kieferorthopädische Behandlung gestellt; im Heilbehandlungs- und Kostenplan der Kieferorthopädin vom November 2017 heißt es u.a. „Platzmangel im UK (Unterkiefer), Scherenbiss Zahn 24, diverse Rotationen und Kippungen“.

Die Versicherung wollte die Behandlungskosten nicht übernehmen. Der Kläger hätte den Engstand der Backenzähne seiner Tochter als „Anomalie“ angeben müssen. Das Unternehmen hätte den Vertrag sonst nicht ohne Einschränkungen abgeschlossen. Der Kläger meinte, er habe erstmals im Sommer 2017 von der Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Behandlung gewusst. Auf eine solche habe zuvor nichts hingedeutet, insbesondere auch nicht der Engstand der Backenzähne.

Das Landgericht hatte die Klage auf Erstattung von Aufwendungen für die kieferorthopädische Behandlung noch abgewiesen. Beim Oberlandesgericht hatte der Kläger Erfolg. Es verurteilt die Krankenversicherung zur Übernahme der kiefernorthopädischen Aufwendung. Sie könne sich nicht auf einen Risikoausschlusses für die Behandlung von Zahnfehlstellungen/Anomalien berufen. Der Kläger habe keine Anzeigepflichten verletzt. Soweit bei seiner Tochter ein Engstand der Backenzähne vorgelegen habe, sei dies nicht anzeigepflichtig gewesen. Es handele sich nicht um eine „Krankheit“. „Krankheit“ im versicherungsvertraglichen Sinne sei „ein anormaler Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt“, so das Gericht.

In Hinblick auf eine mögliche „Anomalie“ sei die Frage in dem Antragsformular zu unklar formuliert gewesen. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht erkennbar, was unter einer Anomalie im Zahnbereich zu verstehen ist. Darunter würde man eher eine Missbildung oder eine Behinderung verstehen und keine Zahn- und Kieferfehlstellung. Dafür spreche auch der Klammerzusatz, der auf Implantate verwies. Fragen, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzten, seien grundsätzlich unzulässig. Sie könnten deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen.

Informationen: www.dav-medizinrecht.de

Darf die Versicherung Schadenersatz verweigern, wenn das Wohnmobil zu hoch ist?

München/Berlin (DAV). In zahlreichen Versicherungsverträgen ist die versicherte Höhe eines Wohnmobils begrenzt, oft auf 3,20 Meter. Das kann auch entscheidend für die Kosten des Rücktransports eines liegengebliebenen Wohnmobils sein. Der Eigentümer kann aber die zulässige Höhe dadurch erreichen, dass er Dachaufbauten entfernt und Luft aus den Reifen lässt. Dann muss die Versicherung für die Transportkosten aufkommen, so das Amtsgericht München am 26. Oktober 2020 (AZ: 191 C 5230/20). Es kommt es auf die tatsächliche Höhe beim Rücktransport an, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Der Besitzer eines Wohnmobils klagte gegen seinen Autoversicherer auf Zahlung von 2.499,00 Euro für den Rücktransport seines Fahrzeugs, das wegen eines Motorschadens in der Schweiz liegen geblieben war. Der Kläger telefonierte mit der Versicherung wegen der Rückführung und beauftragte danach eine Drittfirma, sein Fahrzeug nach Deutschland zurückzubringen. Die Versicherung hatte in ihren Vertragsbedingungen die Kostenübernahme für den Rücktransport ab einer Höhe von mehr als 3,20 Meter ausgeschlossen. Der Kläger meinte, die Versicherung müsse trotzdem die Transportkosten zahlen. Zwar sei das Wohnmobil eigentlich 3,40 Meter hoch. Aber nach Abbau der Dachklimaanlage, Reduzierung des Reifendrucks und Ablassen der Luftfederung habe die Höhe seines Wohnmobils nur noch 3,06 Meter betragen. Die Versicherung weigerte sich jedoch zu zahlen. Der Transport des Wohnmobils sei nicht versichert. Laut Fahrzeugschein sei es 3,40 Meter hoch. Auf die jeweilige Höhe im demontierten Zustand komme es nicht an. 

Die Richterin gab dem Kläger Recht. Ein Straßentransport dürfe nach StVZO maximal 4,00 Meter hoch sein. Der Transporter weise meist eine Höhe von 80,00 cm auf. Daher komme es zu der in den Versicherungsbedingungen genannten zulässigen Höhe von 3,20 Meter. Entscheidend sei aber allein die tatsächliche Höhe des Wohnmobils beim Transport. Eine Grenze könne dort gezogen werden, wo durch die Demontagemaßnahmen ein Zustand erreicht wird, bei dem nicht mehr ein Wohnmobil, sondern nur noch Einzeleile eines Bausatzes transportiert wird. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Das Wohnmobil sei nicht in Einzelteile zerlegt worden.

Das Gericht war aufgrund der mündlichen Verhandlung und der dazu vorliegenden Unterlagen überzeugt, dass das Fahrzeug beim Transport nicht höher als 3,20 Meter war. Dies habe schon so sein müssen, da der Träger eine Höhe von 80 cm gehabt habe. Für den Transport habe es aber keine Ausnahmegenehmigung gegeben. „Danach ist davon auszugehen, dass die Höhe des Transports nicht über 4,00 Metern lag und damit die Höhe des zu transportierenden Wohnmobils sicher nur bis zur versicherten Höhe von 3,20 Meter betrug“, so das Gericht. Ob es tatsächlich sogar nur 3,06 Meter waren, spiele für die Entscheidung keine Rolle, da es bis 3,20 Meter versichert war.

 

Kfz-Versicherung: „Garagenauto“ gehört in die Garage

Magdeburg/Berlin (DAV) - Wenn beim Tarif in einer Kaskoversicherung das Merkmal „Garage“ vereinbart ist, muss das Auto auch in der Garage stehen. Parkt man nachts davor, kann die Versicherung bei einem Diebstahl den Anspruch um 30 Prozent kürzen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 11. September 2018 (AZ: 11 O 217/18). Sind bestimmte Kriterien im Versicherungsvertrag vereinbart, muss man sie auch einhalten, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

In dem Kaskoversicherungsvertrag war ausdrücklich geregelt, dass das Auto nachts in der Garage geparkt wird. Dies wurde auch bei der Eingruppierung des Tarifs berücksichtigt. Tatsächlich stand das Auto aber zum Zeitpunkt des Diebstahls vor der Garage, wie meist einmal in der Woche. Nach dem Diebstahl kürzte die Versicherung den Betrag von rund 20.000 Euro um 40 Prozent. Sie verwies auf die Vereinbarung, dass das Auto nachts in der Garage geparkt werde. 

Die Klage des Versicherten war nur teilweise erfolgreich. Die Versicherung durfte den Anspruch nur um 30 Prozent kürzen, so das Gericht. Insgesamt stelle es tatsächlich eine wesentliche Erhöhung der Gefahr dar, wenn ein Auto statt in der Garage davor geparkt wird. Zumal wenn, wie hier der Fall, die Daten des Fahrzeugschlüssels von den Tätern im Wege des „Homejacking“ ausgespäht worden waren. Wäre der Wagen in der Garage geparkt gewesen, hätte dies ein wesentliches Hindernis für den Diebstahl dargestellt. Bei der Bemessung der Kürzung berücksichtige das Gericht unter anderem, dass das Auto nicht auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt war.