Verkehrsrecht

Schwerbehinderten-Parkplätze: Wo muss der Parkausweis liegen?

Schwerin/Berlin (DAV) – Ein Parkausweis für Behinderten-Parkplätze muss hinter der Windschutzscheibe gut lesbar sein, die Lage auf der Mittelkonsole des Wagens reicht nicht aus. Dies entschied das Amtsgericht Schwerin am 08. Mai 2023 (AZ: 35 OWi 83/23), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Ein Fahrer stellte sein Auto in Schwerin auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz ab. Der Parkausweis, der das Parken auf diesem Platz erlauben würde, lag auf der Mittelkonsole des Autos und war nicht gut sichtbar. Der Fahrer argumentierte, dass er an dem Tag einen Bekannten mit einem Rollstuhl befördert hatte, der im Besitz einer unbefristeten Parkerlaubnis war. Diese Erlaubnis befand sich zum Tatzeitpunkt im Fahrzeug. Er legte ein Foto vor, das nach der Umsetzung des Autos angefertigt wurde.

Das Amtsgericht Schwerin verurteilte den Fahrer dennoch zu einer Geldbuße von 55 Euro wegen fahrlässigen Parkens auf einem Sonderparkplatz für Schwerbehinderte, ohne dass ein entsprechender Parkausweis gut lesbar auslag. Die Begründung des Gerichts stützt sich auf die Definition von "gut lesbar". Sie bedeutet, dass das Lesen "leicht und mühelos" sein muss. Das Überwachungspersonal sollte in der Lage sein, die Parkerlaubnis ohne erheblichen Aufwand und ohne den Einsatz von Hilfsmitteln durch einen Blick ins Auto zu überprüfen.

In diesem Fall wurde festgestellt, dass der Ausweis, auch wenn er tatsächlich auf der Mittelkonsole gelegen hätte, nicht den Anforderungen einer guten Lesbarkeit entspricht. Das Foto, das der Betroffene vorlegte, wurde nach der Umsetzung des Fahrzeugs aufgenommen und war daher nicht als Beweismittel geeignet.

Erhöhung der Geldbuße – dafür kürzeres Fahrverbot

Köln/Berlin (DAV). Wer zu schnell fährt, muss mit einer Geldbuße und womöglich mit einem Fahrverbot rechnen. Allerdings kann das angeordnete Fahrverbot reduziert und im Gegenzug die Geldbuße erhöht werden. Dies kann das Gericht auch durch einen Beschluss, also ohne mündliche Verhandlung tun, wenn es im Interesse des Betroffenen ist. Eine vorherige Einvernahme über die Höhe des Bußgeldes – hier mehr als das Doppelte - Bußgeld ist nicht nötig. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 07. Dezember 2022 (AZ: 1 RBs 373/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Der Betroffene war außerorts so schnell unterwegs, dass gegen ihn ein Bußgeld von 700 Euro verhängt und zugleich ein zweimonatiges Fahrverbot angeordnet wurde. Hiergegen legte der Betroffene Einspruch ein. Nach dem von Seiten des Gerichts ein Termin bestimmt wurde, erklärte der Betroffene sein Einverständnis mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren, also ohne eine mündliche Verhandlung. Er knüpfte dies an die Bedingung „wenn lediglich ein einmonatiges Fahrverbot gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße (nach vorheriger Verständigung mit der Verteidigung) verhängt“ werde. 

Das Amtsgericht informierte den Betroffenen, es sei beabsichtigt, die Geldbuße auf 1.500 Euro zu erhöhen und das Fahrverbot auf einen Monat zu reduzieren. Eine Reaktion des Betroffenen auf dieses Schreiben blieb aus, daraufhin entschied das Amtsgericht dementsprechend. Die Beschwerde des Mannes richtete sich dann gegen die Entscheidung im Beschlusswege, letztlich, weil es keine Mitwirkungsmöglichkeit bei der Frage gegeben hat, was eine „angemessene Erhöhung“ der Geldbuße sei.

Ebenfalls per Beschluss entschied das Oberlandesgericht, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Bestand habe. Das Gericht habe die Entscheidung per Beschluss treffen dürfen. Es bestünden keine Bedenken dagegen, dass das Gericht per Ermessen die Geldbuße derart erhöht hatte. Eine Verständigung sei nicht nötig gewesen. Die Reduzierung des Fahrverbots entspräche vollumfänglich den Vorstellungen des Betroffenen. Auch die im Gegenzug erfolgte Erhöhung der Geldbuße auf etwas mehr als das Doppelte sei angemessen. Zudem habe das Gericht durch seine Fristsetzung zu erkennen gegeben, dass es vor Fristablauf nicht entscheiden werde. Das Gericht müsse in solchen Fällen nicht mehr „nachfragen“.

Information: www.verkehrsrecht.de

Sex auf der Motorhaube – muss ein Parkhausbetreiber Schaden bezahlen?

Köln/Berlin (DAV). Ein Parkhausbetreiber muss nicht dafür sorgen, dass die bei ihm abgestellten Autos nicht von Unbekannten beschädigt werden. Er ist nicht verpflichtet, die Videoüberwachung ständig zu verfolgen. Diese dient eher der Aufklärung nach einer Beschädigung. Daher haftet ein Parkhausbetreiber nicht, wenn zwei unbekannte Personen auf der Motorhaube eines im Parkhaus abgestellten Pkw Geschlechtsverkehr hatten und dabei das Auto beschädigten. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Köln vom 09. Januar 2023 (AZ: 21 O 302/22).

Der Kläger stellte seinen Mercedes in dem Parkhaus der Beklagten ab. Als er mit dem Wagen am nächsten Morgen zur Arbeit fahren wollte, war sein Auto an verschiedenen Stellen beschädigt. Der Lack an der Beifahrertür war an einer Stelle abgeplatzt, zudem waren auf der Motorhaube weitere Lackkratzer sowie leichte Dellen. Auf dem Video der Überwachungskamera des Parkhauses konnte man erkennen, dass zwei unbekannte Personen nachts in das Parkhaus gekommen waren und auf der Motorhaube des Pkw des Klägers Sex hatten. Im Anschluss daran verließen die beiden Personen das Parkhaus unbemerkt und ohne identifiziert werden zu können. Dem Kläger entstand durch das Treiben auf seinem Fahrzeug ein Sachschaden in Höhe von 4.676,36 Euro.

Der Kläger war der Meinung, dass der Parkhausbetreiber und seine Mitarbeiter die Videoaufzeichnungen im Parkhaus durchgehend beobachten müssten und entsprechende Taten direkt zu unterbinden hätten. Wenigstens hätte die Beklagte aber so aufmerksam sein und die Polizei sofort rufen müssen, damit die Identität der Unbekannten hätte festgestellt werden können.

Die Klage scheiterte. Das Landgericht entschied, dass dem Kläger kein Schadensersatz zustehe. Zwar habe der Parkhausbetreiber aus dem Fahrzeugeinstellvertrag verschiedene Pflichten. Allerdings gingen diese nicht so weit, dass er die von ihm installierten Überwachungskameras ununterbrochen beobachten lassen müsste. Vielmehr dienen die Kameras mehr zu repressiven als zu präventiven Zwecken. Für den Fall, dass ein Fahrzeughalter bei Rückkehr zu seinem Fahrzeug neue Beschädigungen feststellt, könne er anhand der Aufnahmen versuchen, den Schaden aufzuklären. Im Normalfall werde dies auch erfolgreich sein, da bei „Parkremplern“ regelmäßig das Kennzeichen des Unfallgegners zu sehen und die Tat entsprechend dokumentiert sein dürfte.

Auf dem Videofilm sei allerdings lediglich ein Zeitraum von neun Minuten dokumentiert, in dem das unbekannte Paar auf der Motorhaube aktiv war. Das Gericht sah daher keine Pflichtverletzung des Parkhausbetreibers darin, eine mögliche Beschädigung durch Unbekannte in diesem kurzen Zeitraum nicht erkannt und unterbunden zu haben. Es sei auch fraglich, wie das Personal der Beklagten die Täter ohne Eigengefährdung hätte stellen oder ob die hypothetisch hinzugerufene Polizei hätte schnell genug vor Ort sein können.

Information: www.verkehrsrecht.de

Unfall im Kreisverkehr - nicht immer haftet der Einfahrende

Bonn/Berlin (DAV). Bei einem Kreisverkehr mit mehreren Fahrspuren haftet beim Unfall nicht immer der Einfahrende. Befindet sich im Kreisverkehr ein Fahrzeug auf der linken, somit inneren Spur ohne Blinker, kann man in den Kreisverkehr auf die rechte Spur einfahren. Es liegt dann keine Vorfahrtverletzung des Einfahrenden vor. Dies entschied das Amtsgericht Bonn am 25. Oktober 2022 (AZ: 113 C 169/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins informiert.

Der Kläger fuhr in einem Kreisverkehr auf die rechte Spur ein. Er sah im Abstand von etwa 70 Metern ein Fahrzeug im Kreisverkehr. Dieses befand sich auf der linken, somit inneren Spur des Kreisverkehrs. Er selbst fuhr auf die rechte Spur ein.

Erst nachdem er bereits eingefahren war, wechselte der Fahrer des Autos im Kreisverkehr die Spur. Er blinkte erst, als der Kläger schon eingefahren war. Es kam zu Kollision, der Kläger verlangte Schadensersatz.

Mit Erfolg, das Amtsgericht sprach dem Kläger den Schadensersatz komplett zu. In diesem Fall gelte auch nicht der Anscheinsbeweis, nachdem derjenige haftet, der wartepflichtig sei. Den entscheidenden Verkehrsverstoß habe der Beklagte begangen, als er im Kreisverkehr einen Spurwechsel vornahm und zu spät blinkte. Dem Einfahrenden sei nicht erkennbar gewesen, dass der Fahrer im Kreisverkehr die Spur wechseln würde. Somit habe keine Vorfahrtverletzung des Einfahrenden vorgelegen, sondern ein Verkehrsverstoß durch den Spurwechsel des Beklagten.

Unfall beim Vorbeifahren an einem Müllwagen

Celle/Berlin (DAV). Müllfahrzeuge im Einsatz sind privilegiert. Daraus folgt, dass man an ihnen nur besonders vorsichtig vorbeifahren darf. Dabei ist es aber nicht immer erforderlich, Schrittgeschwindigkeit oder einen Sicherheitsabstand von zwei Metern einzuhalten. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 15. Februar 2023 (AZ: 14 U 111/22).

Die Klägerin hat einen Pflegedienst. Eine Mitarbeiterin fuhr mit ihrem Pflegedienstauto an einem Müllfahrzeug vorbei – mit etwa 13 km/h bei einem Seitenabstand von maximal 50 cm. Der Wagen stand mit laufendem Motor, laufender Trommel/Schüttung und eingeschalteten gelbem Rundumleuchte sowie Warnblinkanlage vor einem Grundstück. Als ein Arbeiter hinter dem Müllfahrzeug einen Container quer über die Straße schob, kam es zur Kollision.

Das Oberlandesgericht warf auf dem Müllwerker ein Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot vor. Er habe den Container quer über die Straße geschoben, ohne auf das Klägerfahrzeug zu achten. Nach Abzug der Betriebsgefahr des Autos von 25 Prozent bekam die Klägerin 75 Prozent Schadensersatz zugesprochen. 

Das Gericht machte deutlich, dass die Privilegierung des Müllfahrzeugs keine generelle Befreiung vom allgemeinen Rücksichtnahmegebot zur Folge hätte. Auf der anderen Seite sei von den anderen Verkehrsteilnehmern eine erhöhte Sorgfalt zu fordern. Diese sah das Gericht bei der Autofahrerin hier gegeben, der kein Verkehrsverstoß vorgeworfen wurde. Sie habe ihre Geschwindigkeit deutlich herabgesetzt, von den erlaubten 30 km/h auf 13 km/h. Einen Sicherheitsabstand von zwei Metern hätte sie aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht einhalten können. Es sei ihr aber auch nicht zuzumuten gewesen, mit dem Passieren zuzuwarten.

Die DAV-Verkehrsrechtsanwälte weisen drauf hin, dass dies von anderen Gerichten durchaus anders gesehen wird. Auf der sicheren Seite sei man in jedem Fall, wenn man an einem Müllfahrzeug im Einsatz nur mit Schrittgeschwindigkeit oder mit zwei Metern Sicherheitsabstand vorbeifährt. Alles andere wäre dann in einem Einzelfall zu klären.

Information: www.verkehrsrecht.de

Sturz über geparkten E-Scooter – haftet der Betreiber?

Bremen/Berlin (DAV). Bei einem Sturz über einen abgestellten E-Scooter gibt es keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Roller dort abgestellt werden durfte. Auch blinde Personen müssen mit an Hauswänden befindlichen Hindernissen, wie Fahrrädern oder Baugerüsten rechnen. Dies entschied das Landgericht Bremen am 16. März 2023 (AZ: 6 O 697/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.

Der seit seiner Geburt blinde Kläger klagte gegen den E-Scooter-Verleiher VOI und dessen Bremer Kooperationspartner. Der Kläger, der sich mit einem Langstock orientiert, war im Juli 2020 auf dem Weg zur Arbeit über zwei E-Scooter gestürzt. Diese standen quer zu einer Hauswand. Der Mann erlitt dabei einen Oberschenkelhalsbruch. Er verlangte von den Beklagten u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro.

Das Landgericht wies die Klage ab. Durch die konkrete Aufstellweise der Scooter an der Unfallstelle seien keine Verkehrssicherungspflichten verletzt worden. Maßgeblich für die Prüfung sei nur diese Aufstellweise, nicht das allgemein bekannte Gefahrenpotential von E-Scootern. Zwar müssten insbesondere die Interessen von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Andererseits sei es erlaubt gewesen, die E-Scooter so aufzustellen wie hier geschehen. Auch müsse an Hauswänden mit vergleichbaren Hindernissen gerechnet werden, wie z.B. Fahrrädern, Baugerüsten oder Aufstellern von Geschäften und Restaurants.

Geblitzt: Rohmessdaten müssen herausgegeben werden

Dortmund/Berlin (DAV). Bei Geschwindigkeitsverstößen haben die Beschuldigten Anspruch, die Rohmessdaten des Messgeräts einzusehen. Wird ihnen dies verweigert, liegt eine Verletzung des fairen Verfahrens vor. Dann kann das Verfahren gegen den Fahrer eingestellt werden. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund vom 15. September 2022 (AZ: 729 OWi-263 Js 1114/22-89/22).

Dem Betroffenen wurde ein Geschwindigkeitsverstoß vorgeworfen. Der Verteidiger beantragte, die Rohmessdaten und die Bedienungsanleitung des Messgerätes einsehen zu können. Dies wurde ihm von der Verwaltungsbehörde auch im gerichtlichen Verfahren verweigert.

Darin sah das Amtsgericht eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Auf der anderen Seite hielt das Gericht eine Durchsuchung bei der Verwaltungsbehörde für unverhältnismäßig. Daher stellte es das Verfahren ein. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen musste die Staatskasse übernehmen.

Information: www.verkehrsrecht.de

Amt bummelt: Halter muss Verfahrenskosten nicht tragen

Herne/Berlin (DAV). Bei einem Halt- oder Parkverstoß können die Kosten des Verfahrens dem Halter des Fahrzeugs auferlegt werden. Voraussetzung ist, dass die Behörde alle angemessenen Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrers getroffen hat. Dazu gehört auch, dass die Verwaltungsbehörde innerhalb einer Frist tätig wird, innerhalb derer der Halter sich noch an den Fahrer am Tattag erinnern kann. Schreibt die Behörde den Halter erst fünf Wochen nach der Tat an, ist dies zu spät. Ein entsprechender Kostenbescheid ist dann aufzuheben. Dies folgt einer Entscheidung des Amtsgerichts Herne vom 15. August 2022 (AZ: 22 OWi 140/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert.

Das Fahrzeug des Halters parkte an einem 25. Januar auf dem Gehweg in einem absoluten Halteverbot. Ein Schreiben an den Halter ging erst am 1. März raus. Daraufhin äußert sich am 7. März der Halter durch seinen Anwalt, dass er den PKW selber nicht gefahren hat und im Übrigen von seinem Schweigerecht Gebrauch macht. Danach erlies die Verwaltungsbehörde einen Kostenbescheid. Dem Betroffenen wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dagegen wehrte sich der Halter.

Mit Erfolg, denn das Gericht hob den Kostenbescheid auf. Zwar könnten einem Halter eines Kraftfahrzeugs die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, wenn bei einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoß der eigentliche Fahrer nicht ohne einen unangemessenen Aufwand ermittelt werden könne. Ein unverhältnismäßiger Aufwand liege dann vor, wenn die Nachforschung außer Verhältnis zu Bedeutung des Verstoßes stehe. In der Praxis folge daraus, dass die Verwaltungsbehörde grundsätzlich keine weiteren Ermittlungen anstellen müsse, wenn sie den Halter anschreibt und dieser den Verstoß bestreitet. Macht er keine näheren Angaben zum Fahrer, können ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Allerdings müsse die Behörde den Anhörungsbogen umgehend übersenden. In diesem Fall waren genau fünf Wochen zwischen der Tat und Übersendung des Bogens vergangen. Nach Auffassung des Gerichts war dies zu spät, damit sich ein Halter noch sicher an den Fahrer erinnern könne. Da auch kein anderer Grund erkennbar war, warum erst fünf Wochen nach der Tat das Schreiben erstellt wurde, wurde der Kostenbescheid aufgehoben.

Unfall eines Straßenbauarbeiters bei Fahrbahnmarkierung

Celle/Berlin (DAV). Markiert ein Straßenbauarbeiter die Fahrbahn während der Rotphasen einer Ampel, muss auch er auf den Verkehr achten. Kommt es bei den Arbeiten zu einem Unfall, haftet er ansonsten zu einem Viertel mit. Dies folgt eine Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 16. November 2022 (AZ: 14 U 87/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert.

Der Kläger war an einer Straßenbaustelle mit Fahrbahnmarkierungen beschäftigt. Dafür betrat er während der Rotphasen für die Pkw die Fahrbahn und setzte die Markierungen. Vor der Kollision mit dem Auto des Beklagten befand er sich ein Stück neben den Baken auf dem Fahrbahnbereich. Die gegnerische Versicherung war bereit, den Schaden zu 75 % zu übernehmen. Der Kläger wollte eine volle Haftung des Beklagten.

Dies lehnte das Oberlandesgericht ab. Ihn treffe eine Mitschuld, da er bei seinen Arbeiten nicht ausreichend auf den Verkehr geachtet hatte. Seine Arbeiten habe er vornübergebeugt durchgeführt und mit dem Rücken zu fließenden Verkehr. Damit hätte er keine Chance gehabt, auf den Verkehr zu achten. Diese Arbeitsweise sei übermäßig und unangemessen gefahrenträchtig. Er hätte zumindest mit Hilfe der anderen anwesenden Arbeiter auf der Baustelle für eine Absicherung sorgen können. Eine mögliche zusätzliche Haftung als Fußgänger käme nicht in Betracht. Der Kläger sei ein Verkehrsteilnehmer gewesen, da er als Straßenbauarbeiter Fahrbahnmarkierungen gesetzt hatte. Daher müsse er nicht auch als „Fußgänger“ wegen des Betretens der Fahrbahn haften.

Information: www.verkehrsrecht.de

Kollision mit Blumenkübel in einer Spielstraße

Koblenz/Berlin (DAV). In einer Spielstraße muss man langsam fahren und achtsam sein. Beachtet dies ein Autofahrer nicht, kann er bei einem Unfall mit einem dunklen, nicht gekennzeichneten Blumenkübel keinen Schadensersatz von der Stadt verlangen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 05. August 2022 (AZ: 5 O 187/21).

Die Tochter des Klägers wohnt in einer Spielstraße. Dort sind zur Verkehrsberuhigung zwei anthrazitfarbene Blumenkübel aufgestellt. Sie sind aber weder besonders markiert oder gekennzeichnet. Als der Mann im November um 18:00 Uhr seine Tochter besuchte, übersah er den rechts aufgestellten Blumenkübel und stieß gegen ihn. An seinem Auto entstand ein Schaden in Höhe von 1.339,63 €.

Der Kläger verlangte nun von der Stadt den Ersatz des Schadens. An jenem Abend sei es dunkel, regnerisch und neblig gewesen. Die dunklen Kübel seien nicht ausreichend gekennzeichnet gewesen, obwohl die Stadt dazu verpflichtet gewesen wäre. Er habe sie trotz äußerst langsamer Fahrweise nicht erkennen können. Obwohl es in der Vergangenheit mehrfach Unfälle gegeben habe, hätte die Stadt nichts unternommen. Daher sei die Stadt für den Schaden verantwortlich. Die Stadt wies dem Kläger die Verantwortung zu, der Unfall beruhe auf seiner eigenen Unachtsamkeit.

Die Klage scheiterte, das Gericht wies die Klage ab

Der Stadt obliege zwar die Sicherung des Verkehrs. Allerdings sei die Begrenzung einer verkehrsberuhigten Straße durch Blumenkübel zulässig. Das Gericht sah die Schuld ganz überwiegend beim Kläger. So hätte er von früheren Besuchen die Kübel gekannt. Auch dürfe er bei Dunkelheit nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke hätte anhalten können. Auf der Spielstraße hätte er ohnehin nur Schritttempo fahren dürfen. Einen Fahrer, der bei Dunkelheit auf ein unbeleuchtetes unbewegtes Hindernis auffahre, treffe regelmäßig ein Verschulden.

Wegen des schwerwiegenden Verkehrsverstoßes, komme es auf die Frage, ob die Blumenkübel ausreichend gekennzeichnet waren, nicht mehr an.