Bänderriss im Samba-Zug: Haftet Bahnunternehmen für Vollbremsung eines Zuges?

Koblenz/Berlin (DAV). Wer in einem Partywagen der Bahn wegen einer Vollbremsung stürzt, kann Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen. Das Bahnunternehmen kann sich nicht damit verteidigen, die Person habe sich nicht festgehalten. Dies ist auf einer Tanzfläche auch nicht möglich. Dies entschied das Landgericht Koblenz am 20. Januar 2022 (AZ: 3 O 325/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Klägerin stürzte in einem Sonderzug samt Partywagen, als der Zug durch eine technische Einrichtung plötzlich zwangsgebremst wurde. Die Klägerin behauptete, sie sei zum Zeitpunkt der Vollbremsung im „Samba-Wagen“ auf der Tanzfläche gewesen. Sie sei von stürzenden Mitreisenden zu Boden gerissen worden, wobei sie sich einen Innenbandanriss im Knie zugezogen habe. Die Klägerin verlangte ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 Euro und die Erstattung ihrer Kosten.

Sowohl der Betreiber des Schienennetzes als auch das durchführende Bahnunternehmen wiesen die Verantwortung von sich. Außerdem müsse die Klägerin beweisen, dass sich der Sturz so zugetragen habe wie von ihr geschildert. Schließlich trage sie auch eine Mitschuld, weil sie Alkohol konsumiert und sich nicht festgehalten habe.

Die Klage der Frau war erfolgreich. Das Gericht sprach ihr ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro sowie Schadensersatz zu. Für das Gericht stand fest, dass die Klägerin tatsächlich nach einer plötzlichen Bremsung im „Samba-Wagen“ auf der Tanzfläche gestürzt sei und sich dabei verletzt habe. Dafür müssten die Bahnunternehmen haften. Auf die Frage, warum eine Zwangsbremsung ausgelöst worden sei, komme es im Schadensersatzprozess der Klägerin nicht an. Beide Unternehmen seien als Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes anzusehen und hafteten der Klägerin gemeinsam. 

Das Gericht sah auch kein Mitverschulden der Klägerin. Fahrgästen, die sich in dem für Feiern eingerichteten Wagen auf der Tanzfläche aufhielten, könne man nicht vorwerfen, sich nicht festgehalten zu haben. Außerdem habe es keine Haltemöglichkeiten gegeben. Auch der Alkoholkonsum mindere den Anspruch der Klägerin nicht, dieser sei für den Sturz nicht ursächlich.