Tipp des Monats

Hier erscheinen in monatlicher Folge ausgewählte Tipps aus verschiedenen Rechtsgebieten.

Unklarer Unfall – beide Seiten haften zu 50 Prozent

Tipp des Monats Dezember 2023

 

Pedelec-Fahrer nicht auf dem Radweg – alleinige Haftung

Nürnberg/Berlin (DAV). Ein Pedelec-Fahrer muss allein für einen Unfall haften, wenn er den Radweg ignoriert. Damit verstößt er gegen die vorgeschriebene Nutzungspflicht. Die entschied das Landgericht Nürnberg am 23. März 2023 (AZ: 6 O 68/22), informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Ein Pedelec-Fahrer fuhr trotz entsprechender Beschilderung nicht auf dem Radweg und kollidierte dabei mit einem Fußgänger. Das Gericht verwies auf die klare Beschilderung und die Verkehrsregeln. Es verurteilte daher den Pedelec-Fahrer, den Schaden zu übernehmen. Der Pedelec-Fahrer habe gegen die Nutzungspflicht des markierten Radwegs verstoßen. Damit muss er allein haften und den entstandenen Schaden bezahlen.

Unklarer Unfall – beide Seiten haften zu 50 Prozent

Essen/Berlin (DAV). Wenn ein Unfall nicht aufgeklärt werden kann, haften beide Parteien zu gleichen Teilen für den entstandenen Schaden. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Essen vom 21. Juli 2023 (AZ: 29 C 152/22).

Beide Parteien konnten nicht schlüssig darlegen, wer den Unfall verursacht hat. Der Kläger behauptete, dass der Beklagte rückwärts gefahren sei. Dagegen machte der Beklagte geltend, der Kläger sei auf das stehende Fahrzeug aufgefahren. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten brachte ebenfalls keine Klarheit. Zeugen für den Unfall gab es nicht.

Das Gericht kam daher zum Schluss, dass bei derartig unklaren Verhältnissen eine Haftungsteilung angebracht sei. Ein Anscheinsbeweis schied aus, da weder eine unachtsame Rückwärtsfahrt noch ein unachtsames Auffahren festgestellt werden konnte. Daher sei jeder dieser beiden Vorgänge gleichermaßen wahrscheinlich, so das Gericht. Bei einem nicht aufzuklärenden Unfall komme es zu einer Haftungsteilung zu 50 Prozent. Somit mussten beide Parteien den Schaden zur Hälfte tragen.

Information: www.verkehrsrecht.de

Pressemitteilung vom 07.11.2023

 

Pedelec-Fahrer nicht auf dem Radweg – alleinige Haftung

Tipp des Monats November 2023

Nürnberg/Berlin (DAV). Ein Pedelec-Fahrer muss allein für einen Unfall haften, wenn er den Radweg ignoriert. Damit verstößt er gegen die vorgeschriebene Nutzungspflicht. Die entschied das Landgericht Nürnberg am 23. März 2023 (AZ: 6 O 68/22), informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Ein Pedelec-Fahrer fuhr trotz entsprechender Beschilderung nicht auf dem Radweg und kollidierte dabei mit einem Fußgänger. Das Gericht verwies auf die klare Beschilderung und die Verkehrsregeln. Es verurteilte daher den Pedelec-Fahrer, den Schaden zu übernehmen. Der Pedelec-Fahrer habe gegen die Nutzungspflicht des markierten Radwegs verstoßen. Damit muss er allein haften und den entstandenen Schaden bezahlen.

 

Kreisverkehr: Spurwechsel und Vorfahrt

Tipp des Monats Oktober 2023

Bonn/Berlin (DAV). Ein Fahrer, der bei der Einfahrt in einen mehrspurigen Kreisverkehr nicht erkennen kann, dass ein anderes Auto im Kreisel die Spur wechseln wird, verletzt nicht die Vorfahrt. Das einfahrende Fahrzeug muss nicht warten, bis kein Fahrzeug mehr erkennbar ist. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Bonn vom 25. Oktober 2022 (Aktenzeichen: 113 C 169/21).

Bei dem Verkehrsunfall kollidierte ein in den Kreisverkehr einfahrendes Fahrzeug mit einem Fahrstreifenwechsler. Der Kläger behauptete, dass er den Wagen des Unfallgegners rechtzeitig gesehen habe und dass der Beklagte nicht geblinkt habe, bevor er die Fahrspur wechselte. Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagten haftbar sind, da er bereits ordnungsgemäß in den Kreisverkehr eingefahren war und zudem nicht mit dem Spurwechsel des Beklagten rechnen musste.

Das Gericht kam nach Prüfung des Sachverhaltes und der Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der Fahrstreifenwechsler den Unfall hätte vermeiden können und daher allein für den entstandenen Schaden haftet. Der Einfahrende habe nicht erkennen können, dass der Fahrer im Kreisverkehr die Fahrspur wechselt.

Damit mussten die Beklagten an den Kläger 2.176,04 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 627,13 € zahlen. Zudem wurden die Beklagten dazu verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Ein Fahrstreifenwechsler hafte allein für den entstandenen Schaden, wenn er den Unfall durch das Unterlassen des Fahrstreifenwechsels hätte vermeiden können.

Information: www.verkehrsrecht.de

 

Tipp des Monats September 2023

Teure Gutachten bei kleinen Unfällen? Kosten müssen nicht übernommen werden.

Gummersbach/Berlin (DAV). Die Kosten für ein Schadengutachten durch einen Sachverständigen müssen bei einem Bagatellschaden nicht erstattet werden. Dies entschied das Amtsgericht Gummersbach am 14. April 2023 (AZ: 11 C 175/22), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. Das Gericht legte dabei eine Geringfügigkeitsgrenze bei 1.000 Euro fest und betonte, dass keine Zweifel an der Geringfügigkeit des Schadens nach Unfallhergang und Schadensbild bestehen dürfen. In dem Fall verlangte eine Sachverständige, die Gutachten nach Verkehrsunfällen erstellt, von der Beklagten die Erstattung von Kosten für ein solches Gutachten. Diese entstanden infolge eines Verkehrsunfalls, bei dem der Sachschaden unterhalb der festgelegten Bagatellgrenze lag. Es handelte sich um einen Schaden von nur 767,38 Euro netto. Das Gutachten enthält zum Schadensbild u.a. nachfolgende Ausführungen: „Leichter punktförmiger Anprall auf die Frontpartie mit Schwerpunkt Stoßfänger.“  Die Klägerin berief sich darauf, dass die Geschädigte den Umfang des Schadens selbst nicht hätte beurteilen können. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass der Auftrag eines Gutachtens bei Bagatellschäden im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht erforderlich und daher die Forderung unbegründet sei. Die Klägerin hätte erkennen können, dass es sich nur um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Diese seien nach Verkehrsunfällen dann anzunehmen, wenn offensichtlich nur oberflächliche Schäden an einem Fahrzeug bei einem geringfügigen Unfall entstanden sind. Dies habe bereits nach Feststellung der Gutachterin vorgelegen. Geschädigte könnten bei geringfügigen Schäden eine Kostenschätzung einer Fachwerkstatt einholen. So könnten zusätzliche Kosten vermieden und die Schadensminderungspflicht erfüllt werden. Information: www.verkehrsrecht.de

Landesarbeitsgericht Kiel trifft Entscheidung gegen missbräuchliche Entschädigungsansprüche von "AGG-Hoppern"

Tipp des Monats August 2023

Kiel/Berlin (DAV). Sogenannte „AGG-Hopper“ bewerben sich mit der Absicht auf Stellen, um abgelehnt zu werden und dann Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Solche Personen haben aber keinen Entschädigungsanspruch wegen vermeintlicher Diskriminierung. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Kiel vom 21. Februar 2023 (AZ: 1 Sa 148/22).

Der Kläger, ein 48-jähriger Mann, bewarb sich auf eine Stellenausschreibung, in der ein "junges Team" beschrieben wurde. Nach Erhalt einer Absage verlangte der Kläger eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung in Höhe von 9.000 Euro und kündigte eine Klage an, wenn der Arbeitgeber ihm nicht 1.500 Euro zahlte.

Die Klage scheiterte. Das Gericht befand, dass der Kläger in rechtsmissbräuchlicher Weise gehandelt habe. Er habe sich ohne Bezug zur ausgeschriebenen Stelle beworben und nach der Ablehnung lediglich einen Entschädigungsanspruch gestellt. Zudem wies das Gericht darauf hin, dass der Kläger in einer Reihe anderer Fälle Entschädigungsforderungen gestellt hatte, die alle wegen Rechtsmissbrauchs abgewiesen wurden.

Dieses Urteil setzt ein wichtiges Zeichen gegen missbräuchliche Praktiken bei der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen, so die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Kein Anspruch auf Balkonkraftwerk in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Tipp des Monts Juni 2023

Konstanz/Berlin (DAV). Die erhöhten Energiekosten belasten zurzeit alle: Mieter, Vermieter aber auch Eigentümer. Jede Idee, diese Kosten zu senken und dabei auch noch Ressourcen zu schonen, ist gerne gesehen. Aber was kann der Eigentümer alleine entscheiden, wann braucht er die Zustimmung der anderen? 

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Entscheidung des Amtsgericht Konstanz vom 09. Februar 2023 (AZ.: 4 C 425/22), auf die die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) ausdrücklich Bezug nimmt. 

Es wurde darüber gestritten, ob der Mieter des klagenden Eigentümers an der Außenseite des Balkons eine Photovoltaikanlage anbringen darf. Eine bereits von dem Mieter angebrachte Anlage wurde für die Dauer des Prozesses entfernt, es wurde dann zunächst in einer stattfindenden Versammlung von den Eigentümern die Genehmigung beantragt. Dieser Beschluss ist mehrheitlich abgelehnt wurden, gegen diesen negativen Beschluss wenden sich die Eigentümer, verbunden mit dem Antrag, die Gemeinschaft zur Zustimmung zu verpflichten, hilfsweise durch das Gericht einen solchen genehmigenden Beschluss zu ersetzen. 

Mit diesem Klageantrag hatten die Kläger keinen Erfolg. Das Gericht war der Auffassung, dass die Eigentümer zur Recht die Zustimmung zu dem Balkonkraftwerk verweigert haben. Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob dieses kleine Kraftwerk wegen seiner klimaschützenden Funktion auch als eine privilegierte bauliche Veränderung, wie die explizit benannten Wallboxen angesehen werden kann. In diesem Fall hätte der Eigentümer einen Anspruch auf Zustimmung. Das Gericht sah aber eine solche Privilegierung nicht, eine solche Solaranlage sei nicht ein Annex zu E-Mobilität. Aus der Gesetzesbegründung sei zu entnehmen, dass der Klimaschutz nur insoweit relevant war, als dass zur Förderung der E-Mobilität Autos zuhause aufgeladen werden können. Dem Gesetzgeber wäre es durchaus möglich gewesen, auch das zum Zeitpunkt der Reform im Jahr 2020 schon bekannte Ziel des Klimaschutzes weitergehend zu berücksichtigen. Dies ist aber gerade nicht erfolgt. Es sei daher der Maßstab einer „normalen“ baulichen Veränderung anzulegen, so dass eine Mehrheit der Eigentümer zustimmen muss. Dies bereits, da eine optische Beeinträchtigung gegeben ist, so wurde bereits in der Vergangenheit regelmäßig das Anbringen einer Markise oder das Überspannen des Balkongitters mit Stoff als Beeinträchtigung eingestuft. Diese Art der Beeinträchtigung sei auch durch die Anbringung des schwarzen Paneels, welches von außen klar erkennbar ist, erfüllt.

Ob alle Gerichte diese Auffassung teilen oder ob ggf. doch das zu verfolgende Ziel des Klimaschutzes ausschlaggebend sein wird, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob der Gesetzesgeber nachbessern will.

Informationen: www.mietrecht.net

Verstoß gegen Rechtsfahrgebot – wann ist es rücksichtslos, wann fahrlässig?

Tipp des Monats Juli 2023

 

Zweibrücken/Berlin (DAV). Wer rücksichtslos das Rechtsfahrgebot missachtet, macht sich der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung strafbar. Um „rücksichtslos“ zu sein, bedarf es eines überdurchschnittlichen Fehlverhaltens, welches von einer „besonders verwerflichen Gesinnung“ geprägt sein muss. Wer lediglich aus Unachtsamkeit nach sieben Wochen in einem Land mit Linksverkehr zurück in Deutschland gegen das Rechtsfahrgebot verstößt, handelt nicht rücksichtslos. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung scheidet dann aus. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. November 2022 (AZ: 1 OLG 2 Ss 34/22).

Nach einem siebenwöchigen Urlaub in Thailand – mit Linksverkehr – bog der Betroffene in Deutschland aus dem Grundstück kommend links ab und fuhr auf einer Strecke von zwei bis drei Kilometern über zwei Minuten auf der linken Spur der Landstraße. In einem Kurvenbereich kollidierte er frontal mit einem entgegenkommenden PKW. Der Fahrer und der Beifahrer des entgegenkommenden Fahrzeugs wurden verletzt.

Das Landgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung. Das Landgericht stellte fest, er habe rücksichtslos gehandelt, weil er nach dem siebenwöchigen Aufenthalt mit Linksverkehr unreflektiert wieder am Straßenverkehr in Deutschland teilgenommen habe. Das Oberlandesgericht änderte die Entscheidung auf Revision des Angeklagten dahin, dass er nur noch der fahrlässigen Körperverletzung schuldig ist. Entfallen ist die Strafe wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Dem Angeklagten könne kein rücksichtsloses Handeln vorgeworfen werden. Rücksichtslos fahre derjenige, der an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält, etwa um ein schnelles, ungehindertes Vorwärtskommen zu möglichen. Auch wer gleichgültig fahre und sich nicht auf die Pflichten als Fahrer besinne, handele rücksichtslos. Gelegentliche Unaufmerksamkeit oder reine Gedankenlosigkeit genügten jedoch nicht. Auch müsse eine besonders verwerfliche Gesinnung erkennbar sein. 

Nach diesen Maßstäben habe der Angeklagte nicht rücksichtslos gehandelt. Zwar habe er gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, er handelte aber nicht bewusst oder aus Gleichgültigkeit gegen über den anderen Verkehrsteilnehmern. Sein Verhalten speise sich allein aus Unachtsamkeit und nicht aus Gleichgültigkeit, so das Gericht. Daher scheide eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung aus.

GEMA-Gebühren wegen Musik beim Pizzalieferservice?

Tipp des Monats Mai 2023

Frankfurt/Berlin (DAA). Läuft in einem Verkaufsraum eines Lieferservices Musik, werden Urheberrechte nicht verletzt. Der Pizzabäcker muss keine Abgaben dafür zahlen. Auch nicht, wenn es Selbstabholer gibt, die in den Genuss der Musik kommen. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de" informiert über ein Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 09.12.2022 (AZ: 32 C 1565/22 (90)).

Die Klägerin nahm den Betreiber des Lieferservices wegen einer – vermeintlich – öffentlichen Wiedergabe auf Schadensersatz und somit widerrechtlicher Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke in Anspruch. Zuvor erfolgten drei Besuche eines Außendienstmitarbeiters der Klägerin in der vom Beklagten betriebenen Pizzeria. Dabei sei jeweils ein Fernseher mit angestelltem Ton gelaufen.

Die Klage hatte keinen Erfolg, das Amtsgericht wies die Klage ab. Es fehle für einen Anspruch auf Schadensersatz an einer „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Eine solche setze voraus, dass viele Personen beschallt werden, wenn auch nicht notwendig gleichzeitig. Auch dürfe es sich nicht bloß um einen abgegrenzten Kreis von untereinander persönlich verbundenen Personen handeln.

Schon daran fehle es in diesem Fall: Der Beklagte betreibt in erster Linie einen Lieferdienst, bei dem die Kunden telefonisch ordern und das Geschäft überwiegend nicht betreten. Die Anzahl der Selbstabholer beschränkt sich auf circa 10 Personen pro Tag. Die im Geschäft anwesenden Mitarbeiter und Familienangehörige des Beklagten stellten keine Öffentlichkeit dar, so das Gericht. Außerdem setze eine öffentliche Wiedergabe voraus, dass sich der Nutzer (hier der Beklagte) gezielt an das Publikum wendet. Das Publikum müsse außerdem für die Wiedergabe bereit sein und nicht bloß zufällig erreicht werden. Die Selbstabholer würden – vergleichbar den Wartenden in einer Zahnarztpraxis – ohne ihr Wollen und ohne Rücksicht auf ihre Aufnahmebereitschaft zwangsläufig von der Hintergrundmusik erreicht, während sie auf ihre Pizza warten.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

Elektro­nische Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung: Neuerung für Arbeitgeber und Arbeit­nehmer

Tipp des Monats April 2023

Kleine Schritte auf dem Weg zur Digita­li­sierung – Seit Anfang des Jahres ersetzt die elektro­nische Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung (eAU) die bisherige Praxis von Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeit­nehmern: Sie müssen die AU nichtmehr an die gesetzliche Krankenkasse und Vorgesetzten weiter­leiten. Welche Neuerungen das für Arbeitgeber bedeutet, wird im Folgenden erläutert.

 


Was ist die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung?

Die AU-Beschei­nigung wird in der Regel benötigt, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht arbeiten kann und eine Entschul­digung benötigt, um seine oder ihre Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu rechtfertigen. Anders als in vielen Ländern erhalten Erkrankte in Deutschland weiterhin ihren Lohn, wenn Sie den entspre­chenden Nachweis erbringen. Das Dokument enthält in der Regel Angaben zum Datum der Feststellung, dem Beginn der Erkrankung und deren voraus­sicht­licher Dauer.

Welche Regelung galt bisher für den Nachweis der Arbeits­un­fä­higkeit?

In § 5 des Entgelt­fort­zah­lungs­ge­setzes (EFZG) ist definiert, dass wenn „die Arbeits­un­fä­higkeit länger als drei Kalendertage (dauert), hat der Arbeit­nehmer eine ärztliche Beschei­nigung über das Bestehen der Arbeits­un­fä­higkeit sowie deren voraus­sichtliche Dauer spätestens an dem darauf­fol­genden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Beschei­nigung früher zu verlangen.

Bis Ende 2022 mussten Beschäftigte wie folgt vorgehen:

  1. Benachrichtigung des Arbeitgebers: Arbeitnehmer sollten den Arbeitgeber so schnell wie möglich über die Arbeitsunfähigkeit informieren. Die Benachrichtigung konnte mündlich oder schriftlich erfolgen, je nach den Vorgaben des Arbeitsvertrags.
  2. Arztbesuch: Der Arbeitnehmer sollte einen Arzt aufsuchen und eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit erhalten. In Deutschland ist diese Bescheinigung auch als "gelber Schein" bekannt. Der Arzt oder die Ärztin wird den Zustand des Arbeitnehmers bewerten und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit angeben.
  3. Weitergabe der AU-Bescheinigung: Der Arbeitnehmer sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber weiterleiten. Ebenso an die gesetzliche Krankenkasse, um Anspruch auf Krankengeld zu erhalten.

Was ist die eAU?

Die elektro­nische Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung (eAU) ist eine digitale Version der herkömm­lichen Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung. Sie soll dazu beitragen, den bürokra­tischen Aufwand bei der Vorlage von Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gungen zu reduzieren und die Kommuni­kation zwischen Patienten, Ärzten und Arbeit­gebern zu erleichtern. Sie wird direkt elektronisch vom Arzt oder der Ärztin an die zuständige Krankenkasse übermittelt. Sie ist sicherer als die Papier­be­schei­nigung, da sie mit einem elektro­nischen Schlüssel signiert wird und somit Fälschungen erschwert. Zudem kann der Arbeitgeber über eine spezielle Plattform online auf die eAU zugreifen, was die Abwicklung und Dokumen­tation vereinfacht.

Dadurch entfällt zum einen der Papierkram, zum anderen wird der Krankenkasse schneller und einfacher mitgeteilt, dass Patienten arbeits­unfähig sind. Damit können auch Kranken­geld­zah­lungen schneller erfolgen. Für Arbeitgeber hat die eAU den Vorteil, dass sie die Beschei­nigung schnell erhalten und somit zügig reagieren können. Die Informa­tionen können darüber hinaus direkt in die elektro­nische Personalakte des Mitarbeiters eingefügt werden.

Neuerungen durch die elektro­nische AU für Arbeitgeber

Die Anzeige­pflicht der Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeit­nehmer bleibt weiterhin bestehen, sie müssen Ihren Vorgesetzten den Arbeits­ausfall mitteilen. Die Neuerung ist, dass Arbeitgeber ab dem 1.1.2023 keinen „gelben Schein“ mehr von gesetzlich versicherten Arbeit­nehmern erhalten, sondern bei der gesetz­lichen Krankenkasse ihrer Angestellten die eAU online abrufen können.  Dazu Rechts­anwalt Alexander Greth, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV): „Nach § 5 Abs. 1 a EFZG wird die „Nachweis­pflicht“ des gesetzlich versicherten Arbeit­nehmers mittels Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung ersetzt durch die Verpflichtung des Arbeit­nehmers, die Arbeits­un­fä­higkeit beim Arzt feststellen zu lassen. Für privat versicherte Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeit­nehmer ändert sich nichts

Die Erfassung der AU könnte dann wie folgt aussehen:

  • Vorgesetzte tragen nach Meldung ihrer Angestellten die Fehlzeiten direkt in das Zeiterfassungssystem ein, im zweiten Schritt ruft die Entgeltabrechnung die eAU von der Krankenkasse ab.
  • Vorgesetzte informieren die Entgeltabrechnung über die gemeldete Arbeitsunfähigkeit. Die Entgeltabrechnung ruft die eAU von der Krankenkasse ab und überträgt den Datensatz in das Zeiterfassungssystem des Unternehmens.

Der Abruf der Beschei­nigung bei der Krankenkasse soll spätestens am Tag nach der ärztlichen Feststellung des Arbeits­ausfalls möglich sein. Weiter­führende Informa­tionen für Arbeitgeber finden Sie hier. Unternehmen, die keine Entgel­tab­rech­nungs­software benutzen, können mit sv.net Meldungen zur Sozial­ver­si­cherung verschlüsselt übermitteln. Informa­tionen finden Sie unter diesem Link.

Was können Arbeitgeber tun, wenn keine Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung vorliegt?

Arbeit­ge­be­rinnen und Arbeitgeber müssen es auch weiterhin nicht hinnehmen, wenn Beschäftigte ihre Arbeits­un­fä­higkeit pflicht­widrig nicht feststellen lassen:

Der Arbeitgeber ist nicht schutzlos. Es ist zu empfehlen, das Arbeits­entgelt für Tage, an denen Beschäftigte ihre Arbeits­un­fä­higkeit pflicht­widrig nicht feststellen lassen, nicht zu zahlen. Das Leistungs­ver­wei­ge­rungsrecht ergibt sich aus der analogen Anwendung von § 7 Abs. 1 EZFG. In vielen Fällen wird der Arbeitgeber aber gar nicht wissen, ob Beschäftigte die Feststellung pflicht­widrig unterlassen haben oder aus anderen Gründen, beispielsweise technischen Problemen beim Arzt oder der Krankenkasse, die Übermittlung der Information an die Krankenkasse fehlge­schlagen ist. Der Arbeitgeber sollte dann das klärende Gespräch mit dem Arbeit­nehmer suchen und diesen notfalls bitten, ihm die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung in Papierform, bzw. ein Foto davon, zukommen zu lassen. Kommt der Arbeit­nehmer dem nicht nach, kann der Arbeitgeber die Zahlung zunächst verweigern. Erhält er dann später von der Krankenkasse die entspre­chenden Daten, muss das Arbeits­entgelt selbst­ver­ständlich nachgezahlt werden“, so Rechts­anwalt Greth.

Für privat versicherte Arbeit­nehmer ändert sich nichts: „Bei Arbeit­nehmern, die kein Mitglied der gesetz­lichen Kranken­ver­si­cherung sind, verbleibt es indes bei der unmittelbaren Anwendung des gesetzlich geregelten Leistungs­ver­wei­ge­rungs­rechts nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG, wenn diese die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung nicht rechtzeitig übermitteln.

In Fragen rund um das Thema Angestellte unterstützen Sie Anwältinnen und Anwälte mit Schwerpunkt Arbeitsrecht in Ihrer Nähe – zu finden unter anwalt­auskunft.de.

Persönlichkeitsverletzung: Umfangreiche Monitoringpflicht für Twitter

Tipp des Monats März 2023

Frankfurt/Berlin (DAA). Betroffene können von Twitter verlangen, dass falsche oder ehrverletzende Tweets gelöscht werden. Auch sinngemäße Kommentare mit identischem Äußerungskern muss Twitter entfernen, sobald es von der konkreten Persönlichkeitsrechtsverletzung Kenntnis erlangte. Zwar muss Twitter nicht permanent alle Nutzer überwachen, aber die Prüfpflicht besteht hinsichtlich der konkret beanstandeten Äußerungen. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2022 (AZ: 2-03 O 325/22).

Im September 2022 erschienen auf Twitter diverse Kommentare. Darin wurde wahrheitswidrig behauptet, der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg habe „eine Nähe zur Pädophilie“ und er habe „einen Seitensprung gemacht“. Außerdem wurde über ihn verbreitet, er sei in „antisemitische Skandale“ verstrickt und er sei „Teil eines antisemitischen Packs“. 

Das Landgericht stellte in einem Eilverfahren fest, dass diese Behauptungen unwahr und ehrenrührig sind. Twitter sei verpflichtet, die Verbreitung der Kommentare unverzüglich zu unterlassen, nachdem der Antisemitismusbeauftragte die Entfernung dieser Kommentare verlangte. Die Löschpflicht von Twitter wurde vom Landgericht aber noch weiter gefasst: Das Unterlassungsgebot greife nicht nur dann, wenn eine Äußerung wortgleich wiederholt wird, sondern auch, „wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß erneut veröffentlicht werden.“ Allerdings würden die Äußerungen nicht in jeglichem Kontext untersagt. „Betroffen sind nur solche Kommentare, die als gleichwertig anzusehen sind und die trotz gewisser Abweichungen einen identischen Äußerungskern aufweisen.“ 

Damit bürdete das Gericht Twitter aber keine allgemeine Monitoring-Pflicht im Hinblick auf seine rund 237 Millionen Nutzer auf. Eine Prüfpflicht bestehe laut Gericht nur hinsichtlich der konkret beanstandeten Persönlichkeitsrechtsverletzung. Wenn Twitter Rechtsverletzungen gemeldet würden, müsse Twitter prüfen, ob diese Rechtsverletzung eine Löschung bedingt oder nicht.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

61. Deutscher Verkehrsgerichtstag 25. bis 27. Januar 2023 in Goslar Arbeitskreis I: Fahrzeugdaten Vernetzte Fahrzeuge – Gefahr des gläsernen Autofahrers

Tipp des Monats Februar 2023

Goslar/Berlin (DAV). Moderne Fahrzeuge sind vernetzte Fahrzeuge. Es wird eine Vielzahl von Daten gesammelt. Die Datensammlung geht so weit, dass sogar Daten darüber gesammelt werden, welche Radiosender wann und wie lange oder welche Musik-CDs gehört werden. Auch wird erfasst, wann und wie lange welche Telefongespräche geführt wurden. Daraus lassen sich ganze Nutzungsprofile über den Fahrer erstellen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) sieht die Gefahr, dass Nutzungs- und Mobilitätsprofile der Fahrer:innen gläsern werden. Die Hoheit der gesammelten Daten solle beim Fahrzeugeigentümer sein.

Das Sammeln von Daten in modernen Fahrzeugen geschieht uferlos. Es werden ganze Nutzungsprofile erstellt, denn auch Daten über Nutzer und deren Fahrstil und Fahrziel werden gesammelt. Der Fahrer bzw. der Eigentümer des PKW sollte gesetzlich abgesichert werden und volle Datentransparenz erhalten. Des Weiteren fordern wir, dass die Fahrer bzw. Eigentümer die volle Hoheit über die gesammelten Daten haben“, erläutert Rechtanwalt Andreas Krämer, von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV. Dazu gehöre auch die Freiheit zu entscheiden, an wen diese Daten zu welchen Zwecken weitergegeben werden dürfen.

„Auf all diese Datenerfassung und Weitergabe haben Fahrer bzw. Fahrzeugbesitzer keinen Einfluss“, warnt der Rechtsanwalt aus Frankfurt am Main. Zudem würden die Daten nicht an freie Werkstätten im Rahmen des Diagnosezugangs zur Verfügung gestellt, was eine Reparatur erheblich einschränkt.

Zuletzt gelangen auch bei schweren Unfällen die Daten in die Hände der Ermittlungsbehörden, die auf diese Weise auch zu Informationen gelangen, die nichts mit dem Unfallgeschehen zu tun haben. Durch die Möglichkeit der Akteneinsicht erlangen dann unzählige Beteiligte, wie etwa Versicherungen, Krankenkasse oder andere Unfallbeteiligte, ebenfalls von diesen Daten Kenntnis. „Wir müssen daher die Hoheit über diese riesigen Datenmengen den Betroffenen zurückgeben“, fordert Krämer.

Tipp des Monats Januar 2023

Home-Office: Rechtliches und Neuerungen ab 2023

Schon vor der Covid-19-Pandemie arbeiteten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland teilweise oder komplett am Schreibtisch daheim. Mit Beginn der Pandemie schnellte diese Zahl schlagartig in die Höhe. Viele Beschäftigte zogen von einem Tag auf den anderen ins Heimbüro und arbeiten dort vielfach mit ihrer privaten Technik. Auch nach dem größten Schwung der Pandemie ist die Arbeit von Zuhause für Viele nicht mehr wegzudenken. Was es dabei rechtlich zu beachten gibt und welche Neuerungen 2023 kommen, erklärt anwaltauskunft.
 

Homeoffice versus mobiles Arbeiten: Was ist der Unterschied?

Wichtig ist zunächst: Man muss zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten unterscheiden. „Bei einem echten Homeoffice richtet der Arbeitgeber das Büro zuhause mit ein“, erklärt Rechtan­wältin Dr. Doris-Maria Schuster vom Geschäfts­füh­renden Ausschuss der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Wenn Beschäftigte ihren Laptop mit nachhause nehmen oder vorüber­gehend vom heimischen Computer aus arbeiten, gelte das als mobiles Arbeiten.

Haben Arbeit­nehmer einen Anspruch auf Homeoffice?

Einen Anspruch auf Homeoffice hat ein Arbeit­nehmer nicht“, erklärt der Rechts­anwalt Michael Eckert von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht im DAV. Solange sie nicht offiziell unter Quarantäne stehen, müssen Beschäftigte am Arbeitsplatz erscheinen. Ob dieser Arbeitsplatz das Büro sein muss, hängt davon ab, was mit dem Chef ausgemacht ist.

Grundsätzlich gilt: Wer seine Aufgaben lieber zu Hause statt im Unternehmen erledigen möchte, muss er das mit seinem Chef aushandeln. Stimmt der Chef dem Homeoffice zu, sollten der Arbeit­nehmer und sein Arbeitgeber alle wichtigen Fragen entweder im Arbeits­vertrag oder in einer Homeoffice-Verein­barung regeln. Dabei legen die beiden Parteien zum Beispiel fest, welche Aufgaben der Mitarbeiter zu Hause erledigt, in welchem Stunden­umfang er dies tut oder wann sie oder er in die Firma kommen muss, um etwa an Meetings teilzu­nehmen.

Bei einer Quarantäne, die vom Gesund­heitsamt angeordnet ist, ist das natürlich etwas anderes. Beschäftigte müssen dann nur arbeiten, wenn es von zuhause aus möglich ist und sie ihre Arbeits­ma­te­rialien dabei haben. Wer krank ist, muss sich krank melden und braucht dann selbst­ver­ständlich nicht zu arbeiten.

Pandemie-Zeiten: Kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zum mobilen Arbeiten zwingen?

In der Regel ist das nicht so einfach möglich – der Arbeitgeber muss sich auch daran halten, ob Heimarbeit vereinbart ist. In Pandemie-Zeiten kann das aber anders sein. Rechts­an­wältin Schuster: „Der Arbeitgeber kann anordnen, dass Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten.“ Das gelte aber nur, wenn die Beschäf­tigten problemlos am heimischen Schreibtisch tätig werden können. Heimarbeit anzuordnen kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn ein Mitarbeiter von einer Reise in ein Risiko­gebiet zurückkommt, aber nicht krank ist. Um die Kollegen zu schützen kann der Arbeitgeber anordnen, dass der Mitarbeiter vorüber­gehend von zuhause aus arbeitet.

Dass ein Arbeitgeber in „gesunden Zeiten“ seinen Mitarbeitern nicht einfach an den Heimschreibtisch schicken kann, zeigt eine Entscheidung des Landes­ar­beits­ge­richts Berlin-Brandenburg aus dem Herbst 2018 entscheiden: Dort hatte ein Mann geklagt, der bei seinem Arbeitgeber als Ingenieur beschäftigt war. Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsortes enthielt sein Arbeits­vertrag nicht. Nachdem ein Betrieb des Unternehmens geschlossen wurde, bot der Arbeitgeber dem Ingenieur an, seine Arbeit in Zukunft von Zuhause aus zu erledigen. Der Mann war dazu aber nicht bereit. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeits­ver­hältnis fristlos und begründete dies mit beharr­licher Arbeits­ver­wei­gerung.

Das Gericht urteilte: Die Kündigung ist unwirksam. Der Ingenieur sei arbeits­ver­traglich nicht dazu verpflichtet, die ihm angebotene Heimarbeit auszuführen. Die Umstände im Homeoffice unterscheiden sich erheblich von denen in der Betriebs­stätte, so das LAG. Auch wenn viele Arbeit­nehmer am Arbeiten im Homeoffice interessiert seien, bedeute das nicht, dass Arbeitgeber dies auch anordnen dürfen (Landes­ar­beits­gericht Berlin-Brandenburg, Az. 17 Sa 562/18).

Beteiligt sich Chef an Kosten des Homeoffice?

Wenn Arbeit­nehmer und Arbeitgeber die Homeoffice-Situation festlegen, regeln sie auch, ob der Mitarbeiter zum Beispiel seinen eigenen Schreibtisch und Rechner für die Heimarbeit nutzt oder die Ausstattung von der Firma gestellt bekommt. Darüber hinaus sollten die Parteien vereinbaren, in welcher Höhe sich der Chef an den Kosten für das heimische Büro beteiligt, zum Beispiel an den Mietkosten. „Meistens zahlt der Chef dem Arbeit­nehmer eine monatliche Pauschale, die alle Kosten abdeckt“, sagt der Arbeits­rechts­experte Michael Eckert. „Dabei handelt es sich in der Regel um einen Auslagen­ersatz.“

Improvi­siertes Homeoffice: Muss der Chef für Strom und Laptop zahlen?

Mit Ausbruch der Pandemie blieb vielfach keine Zeit für Regelungen. Viele Beschäftigte arbeiten zuhause an ihrem privaten Computer und telefo­nieren mit ihrem eigenen Smartphone. „Arbeit­nehmer haben Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwen­dungen, die sie im Interesse des Arbeit­gebers erbracht haben“, erklärt Rechts­an­wältin Dr. Nathalie Oberthür vom Geschäfts­füh­renden Ausschuss der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht. Darunter fielen etwa Stromkosten und Arbeits­ma­terial.

Dabei ist entscheidend, dass Arbeit­nehmer die höheren Kosten belegen können. Ein gestei­gerter Stromver­brauch wird sich vermutlich leichter nachweisen lassen als etwa ein erhöhter Verschleiß von Geräten. „Der Arbeitgeber muss hingegen nicht für Kosten aufkommen, die den Arbeit­nehmern ohnehin entstanden wären, etwa für eine WLAN-Flatrate“, fügt Rechts­an­wältin Oberthür hinzu.

Homeoffice: Ist ein Unfall beim Arbeiten zuhause ein Arbeits­unfall?

Wer sich im Homeoffice vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen möchte, ist vor einem Unfall natürlich nicht gefeit. Wenn man am Arbeitsplatz, auf dem Weg dorthin oder von dort nachhause verunglückt, gilt das als Arbeits- oder Wegeunfall. Dann springt die Berufs­ge­nos­sen­schaft ein.

Ein Unfall im Homeoffice oder während des mobilen Arbeitens gilt in der Regel auch als Arbeits­unfall, wenn er bei der Erledigung der geschuldeten Arbeit passiert“, sagt Rechts­an­wältin Schuster. Od das im Einzelfall so ist, darüber entscheiden die Gerichte. So wie das Bundes­so­zi­al­gericht im Juli 2016: Eine Frau, die im Homeoffice arbeitete, wollte sich Wasser holen und stürzte unterwegs auf der Treppe. Den Richtern nach handelte es sich hierbei nicht um einen Arbeits­unfall (Urteil vom 5. Juli 2016, AZ: B 2 U 5/15 R), wie die Nahrungs­aufnahme nicht zur vertraglich geschuldeten Arbeit gehörte.

Ein echtes Homeoffice muss der Arbeitgeber zwar mit einrichten und dabei auch auf Arbeits­si­cherheit achten. Wie das Büro letztlich aussieht, darf er aber nicht kontrol­lieren. Schließlich dürfen eine Chefin oder ein Chef die Wohnungen ihrer Mitarbeiter nicht ohne weiteres betreten. „Zu Hause hat der Arbeitgeber überhaupt keine Einfluss­mög­lichkeit. Deshalb muss der Arbeit­nehmer zum Beispiel selbst dafür sorgen, seinen Monitor so aufzustellen, dass die Sonne ihn nicht anstrahlt und den Augen schadet“, erklärt Eckert.

Wie muss ich meine Arbeitszeit erfassen, wenn ich von zuhause aus arbeite?

Im Homeoffice gelten die gleichen Arbeits­zeiten wie im Büro. Die Arbeitszeit muss auch erfasst werden, soweit das möglich ist. Technische Möglich­keiten sind dazu aber nicht immer vorhanden. „In solchen Fällen kann der Arbeitgeber zum Beispiel sagen: Melden Sie sich, wenn Sie am Schreibtisch sitzen“, erklärt Rechts­an­wältin Schuster.

Ist es nicht möglich, die Arbeitszeit im Homeoffice zu erfassen, muss der Arbeitgeber seinen Angestellten schlicht vertrauen.

Der Mitarbeiter wiederum muss darauf achten, seine Arbeit in der bespro­chenen Zeit zu schaffen. „Er ist dafür verant­wortlich, das Arbeits­zeit­gesetz einzuhalten“, betont Rechts­anwalt Eckert. Deshalb muss ein Arbeit­nehmer, der gern in Heimarbeit tätig sein will, auch über besondere Fähigkeiten verfügen. Eine gute Selbst­or­ga­ni­sation gehört unbedingt dazu.

Welche Neuerungen kommen 2023?

Home-Office ist beliebt, erspart Strapazen im morgend­lichen Berufs­verkehr und schont die Umwelt. Die Bundes­re­gierung berück­sichtigt dies und hat gute Nachrichten für alle Steuer­zah­le­rinnen und Steuer­zahler, die gerne von zu Hause arbeiten. Ab Januar können bis zu 1.260€ der so genannten Home-Office Pauschale in der Einkom­men­steu­er­er­klärung geltend gemacht werden. Die neue Regelung begünstigt somit 210 Home-Office Tage mit einem täglichen Betrag von 6€, die von der Steuer abgesetzt werden können.

Bisher lag die Begrenzung bei 600€ und maximal 120 anrechenbaren Home-Office Tagen, also 5€ pro Tag.Die steuerliche Entlastung gilt ausdrücklich auch dann, wenn kein separates Arbeits­zimmer zur Verfügung steht. Gerade Familien mit kleinen Wohnungen sollen die Änderungen der Home-Office Pauschale zugute kommen.

 
 

Tipp des Monats Dezember 2022

Drogenkonsum: Entziehung der Fahrerlaubnis nach anonymer Anzeige

 

Cottbus/Berlin (DAV). Wer Drogen konsumiert, riskiert seinen Führerschein und erweist sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Das ist unabhängig davon, ob die Drogen im Umfeld einer Fahrt genommen wurden oder nicht. Ein Hinweis auf den Drogenkonsum kann auch anonymisiert erfolgen. Dies musste ein Betroffener erfahren, dessen Drogengutachten anonym der Polizei zugespielt wurde. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus 28. April 2022 (AZ: VG 7 L 82/22). Ein Beweisverwertungsverbot gibt es nur im Strafrecht, nicht im hier geltenden Gefahrenabwehrrecht.

Der Polizei wurde anonym ein Drogengutachten über den Mann zugespielt, das in einem familienrechtlichen Verfahren durchgeführt worden war. Ihm wurde damit der Konsum von Kokain und Amphetamin nachgewiesen. Daraufhin entzog die Straßenverkehrsbehörde dem Mann die Fahrerlaubnis. Dagegen wehrte sich der Mann mit seinem Antrag. Er machte hinsichtlich des Gutachtens ein Beweisverwertungsverbot geltend. Außerdem habe er vor drei Monaten ein Entzugsprogramm durchgeführt und befinde sich in Behandlung, so dass ein weiterer Drogenkonsum nicht zu erwarten sei.

Der Mann scheiterte mit seinem Antrag beim Verwaltungsgericht. Es bestehe kein Beweisverwertungsverbot. Das Gutachten dürfe Grundlage des Führerscheinentzugs sein. Es müsse zwischen strafrechtlichen und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen unterschieden werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis diene dem Schutz unbeteiligter Verkehrsteilnehmer vor Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgingen. Dieses Schutzinteresse überwiege gegenüber dem Interesse des Antragstellers, dass das Gutachten außerhalb des familienrechtlichen Verfahrens keine Folgen habe. Außerdem habe der Staat Schutzpflichten aus denen es nicht hinnehmbar wäre, wenn trotz Kenntnis von der Ungeeignetheit eines Fahrerlaubnisinhabers nicht eingeschritten werden würde.

Auch die begonnene Entzugstherapie ändere daran nichts. Eine Entwöhnung und Entgiftung sei erst nach einer einjährigen Abstinenzphase anzunehmen. Daher habe der Antragsteller seine Fahreignung noch nicht wiedererlangt.

90.000 € Schmerzensgeld nach Unfall mit unsicherem Mietwagen

Tipp des Monats März

 

Frankfurt/Berlin (DAV). Wenn ein Mietwagen defekt ist und die Autovermietung durch die Allgemeine Geschäftsbedingungen ihre Haftung ausschließen will, können erhebliche Schmerzensgelder und Schadensersatz fällig werden. Es gehört zu den Kardinalpflichten, dass die Autos, insbesondere Lenkung und Bremsen, funktionstüchtig sind. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 30. Dezember 2021 (AZ: 2 U 28/21). Dabei wurde ein Mietwagenunternehmen u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 90.000 Euro verurteilt. Der Mietwagen war nicht verkehrssicher gewesen und die Mieterin erlitt schwerste Verletzungen bei einem Verkehrsunfall.

Als gewerbliche Stammkundin mietete die Klägerin für eine Woche ein Fahrzeug. Laut den Mietvertragsbedingungen haftete der Autovermieter nur bei grobem Verschulden oder fahrlässigen Pflichtverletzungen.

Auf dem Hinweg nach Berlin informierte die Klägerin die Beklagte, dass sie Probleme habe, in den zweiten Gang zu schalten. Auf der Rückfahrt nach Frankfurt geriet das Fahrzeug plötzlich ins Schleudern. Zu dem Zeitpunkt versuchte die Klägerin die geöffnete Seitenscheibe hochzukurbeln und hatte hierzu ihre linke Hand vom Steuer genommen. Gegenlenken war nicht möglich. Das Fahrzeug schleuderte weiter, schaukelte sich auf, kippte nach links und rutschte über die linke Seite über den Fahrbahnrand hinaus in eine Grünfläche. Beim Umkippen des Mietfahrzeugs geriet der linke Arm der Klägerin durch das Fenster und wurde abgetrennt. Die Klägerin erlitt durch den Unfall schwerste Verletzungen. Eine Replantation des Armes war nicht möglich.

Mit ihrer Klage verlangt die Frau 120.000 Euro Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente und die Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige Schäden wegen des Verkehrsunfalls. Das Landgericht hatte die Klage noch abgewiesen. Dank anwaltlicher Hilfe war die Frau erfolgreich. Die Klägerin könne Schadensersatz verlangen, da das gemietete Fahrzeug mangelhaft gewesen sei. Im Kardangelenk der unteren Lenksäule sei ein Lager bereits bei der Fertigung nicht richtig verbaut worden. Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen sei damit das Fahrzeug von Anfang an „prinzipiell nicht verkehrssicher“ gewesen. Das Kreuzgelenk habe sich während der gesamten Laufleistung aus der Lageraufnahme herausgearbeitet und sei dann plötzlich während der Fahrt der Klägerin herausgesprungen.

Der Autovermieter könne sich hier nicht auf den vereinbarten Haftungsausschluss für unverschuldete Schäden berufen. Kraft Gesetzes hafte der Vermieter auch für unverschuldete Mängel der Mietsache, soweit sie bereits bei Vertragsschluss bestanden. Diese verschuldensunabhängige Garantiehaftung könne zwar grundsätzlich durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden. Nicht möglich sei dies aber bei Verletzung einer sogenannten Kardinalpflicht. Dies sind ganz wesentliche Pflichten eines Vermieters. Dazu gehöre es, ein verkehrssicheres Fahrzeug zu vermieten, bei dem insbesondere Lenkung und Bremsen funktionsfähig seien. Ein Mieter müsse sich darauf verlassen können, dass das ihm anvertraute Fahrzeug verkehrstüchtig und frei von solchen Mängeln, die eine erhebliche Gefahr für ihn begründen könnten.

Der Klägerin stehe unter Berücksichtigung der hier vorliegenden prägenden Einzelfallumstände ein Schmerzensgeld von 90.000 € sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente von 160,00 € zu.

Information: www.verkehrsrecht.de

Beschädigung des Autos in einer Waschanlage – haftet der Betreiber?

Tipp des Monats Januar 2022

Frankenthal/Berlin (DAV). Der Betreiber einer Waschanlage haftet grundsätzlich, wenn ein Fahrzeug beschädigt wird. Gelingt es ihm aber nachzuweisen, dass die Beschädigung für ihn trotz größtmöglicher, „pflichtgemäßer“ Sorgfalt nicht zu vermeiden war, so haftet er ausnahmsweise nicht. Der Halter bleibt dann auf seinem Schaden sitzen. So entschied das Landgericht Frankenthal am 27. Oktober 2021 (AZ: 4 O 50/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Ein Mann wollte seinen SUV in einer Waschanlage reinigen lassen. Kurz vor der ersten Waschrolle wurde das auf dem Förderband laufende Fahrzeug linksseitig leicht angehoben. Die Waschanlage wurde gestoppt. Auch ein zweiter Versuch scheiterte. Daraufhin wurde der Waschvorgang endgültig abgebrochen. Vorn rechts war das Auto beschädigt. Diesen Schaden wollte der Autohalter vom Betreiber der Waschanlage ersetzt bekommen.

Jedoch ohne Erfolg. Das Gericht wies zwar darauf hin, dass ein Waschanlagenbetreiber zwar grundsätzlich für Schäden haftet, die durch die Autowäsche entstanden sind. Insofern bestünde eine gesetzliche Vermutung gegen den Betreiber der Waschanlage. Dies gelte aber dann nicht, wenn der Kunde sich in der Anlage falsch verhalten habe oder das Fahrzeug defekt gewesen sei. Der Betreiber müsse also nachweisen, dass der Fehler nicht auf seinen Organisations- und Verantwortungsbereich zurückzuführen sei.

In diesem Fall konnte sich der Betreiber entlasten. Er überzeugte das Gericht, dass der Schaden am Fahrzeug trotz seiner pflichtgemäß ausgeübten Sorgfalt nicht zu vermeiden war. Er ließ die Waschanlage halbjährlich warten und unterzog sie täglich einer Sichtprüfung mit Testwäsche. Dabei laufe ein Mitarbeiter mit und beobachte den Vorgang, so der Betreiber. Defekte seien dabei nicht festgestellt worden, auch nicht unmittelbar im Anschluss an dem Schadensfall. Der Betrieb sei dann auch ohne weitere Vorkommnisse fortgesetzt worden.

Information: www.verkehrsrecht.de

Böllerverbot in Deutschland – Vorsicht vor illegaler Ware

Dezember 2021

Berlin (DAA). Auch dieses Jahr herrscht in Deutschland zur Silvester wieder ein Verkaufsverbot von pyrotechnischen Gegenständen und Böllern. Es ist aber keine gute Idee, auf illegale und verbotene Alternativen aus dem Ausland auszuweichen. Es drohen empfindliche Strafen, warnt das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.

„Viele Böller aus dem Ausland sind nicht nur wegen der Pandemie verboten, sondern generell“, so Swen Walentowski, Sprecher der Deutschen Anwaltauskunft. Im vornhinein illegal seien Spreng- und Feuerwerkskörper, die umgangssprachlich „Polenböller“ oder „Tschechen-Kracher“ genannt werden. Die Schall- und Sprengwirkung dieses Feuerwerks sei auch deutlich höher als bei den in Deutschland im Handel erhältlichen Produkten. Auch bei dem in Deutschland legalen Feuerwerk gilt, wer mehr als ein Kleinfeuerwerk (Raketen und Batteriefeuerwerk) nutzen will, braucht eine behördliche Genehmigung.

Strafen bei Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz

„Verstöße werden mit Geldstrafen bis zu 10.000 Euro geahndet und bei groben Verstößen, wie etwa das Herstellen von solchen Böllern in der Garage, droht sogar eine Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren“, so Walentowski weiter. Bis zu fünf Jahren drohen, wenn Leib, Seele oder fremdes Eigentum gefährdet werden. Auch hier gelte: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Grundsätzlich rät die Deutsche Anwaltauskunft dazu, nur Böller und Pyrotechnik zu kaufen, die in deutschen Märkten zwischen 28. und 31. Dezember erhältlich sind. Auch wenn in diesem Jahr der Verkauf ausfällt, könnten private Restbestände genutzt werden.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

Nebenwirkungen der Grippeschutzimpfung kein Arbeitsunfall

November 2021

Mainz/Berlin (dpa/tmn). Bietet ein Arbeitgeber freiwilliges Impfen an, liegt bei etwaigen gesundheitlichen Folgen kein Arbeitsunfall vor. Somit besteht kein Anspruch gegen die Berufsgenossenschaft auf Entschädigungsleistungen. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. September 2021 (AZ: L 2 U 159/20).

Der Kläger ist Gastronomieleiter bei einer GmbH, die u. a. die Küche eines Krankenhauses betreibt. Der Krankenhausträger stellte allen Mitarbeitern, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Patientenkontakt haben, kostenlos Impfstoff gegen Influenza (Grippe) zur Verfügung. Auch die Mitarbeiter der GmbH als Tochterunternehmen des Krankenhausträgers konnten sich impfen lassen. Der Krankenhausträger teilte mit, dass es sich um eine freiwillige Impfung handele. Der Kläger ließ sich impfen. Einige Jahre später entwickelte sich bei ihm u. a. ein unklarer autoinflammatorischer Prozess. Diesen führte er auf die Impfung zurück. Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Entschädigungsleistungen lehnte die Berufsgenossenschaft ab.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Es habe kein Arbeitsunfall vorgelegen, urteilte das Gericht. Die Teilnahme an der Grippeschutzimpfung hätte nicht einer „Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis“ gedient. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, an der Impfung teilzunehmen. Die Impfung sei freiwillig gewesen. Die allein subjektive Vorstellung des Klägers, durch die Impfung auch den Interessen des Arbeitgebers zu dienen, genüge nicht. Der Kläger hätte keinen unmittelbaren körperlichen Kontakt zu den Patienten des Krankenhauses, daher sei er auch keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen.

Aus Sicht der DAV-Arbeitsrechtsanwälte ist diese Entscheidung auch im Hinblick auf Betriebsimpfungen gegen die Corona-Pandemie interessant.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Bundesagentur für Arbeit muss über Sperrzeitbeginn belehren

Oktober 2021

Celle/Berlin (DAV). Die Bundesagentur für Arbeit muss einen Arbeitslosen vor der Verhängung einer Sperrzeit vollständig informieren. Die sogenannte Rechtsfolgenbelehrung muss auch den Hinweis enthalten, wann die Sperrzeit beginnt. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juni 2021 (AZ: L 11 AL 95/19). Dabei hatte der Mann in dem von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall ein wichtiges Beweismittel „entsorgt“.

Ein 42-jähriger Maschinenbauer klagte gegen den die Bundesagentur für Arbeit. Diese hatte eine dreiwöchige Sperrzeit verhängt und forderte rund 1.400 € Arbeitslosengeld zurück. Sie warf dem Mann vor, dass er sich auf einen Vermittlungsvorschlag nicht beworben hatte. Er erklärte, dass die Stelle nicht zu ihm gepasst habe. Außerdem habe er keine Belehrung über eine mögliche Sperrzeit erhalten; sonst hätte er sich natürlich beworben.

Nach Auskunft der Bundesagentur befinde sich stets auf der Rückseite eines Vermittlungsvorschlags eine Rechtsfolgenbelehrung. Sie teilte aber auch mit, dass über den möglichen Beginn der Sperrzeit nicht informiert werden müsse. Diese Information finde sich im einschlägigen Merkblatt. Darauf kam es dann im Verfahren an.

Im Klageverfahren konnte der Mann dem Gericht den Originalausdruck trotz wiederholter Anfragen nicht vorlegen. Er meinte, er habe ihn nur bis zur Erhebung der Klage aufgehoben. Er habe die Vorderseite abfotografiert; die Rückseite sei leer gewesen. Den Ausdruck habe er dann entsorgt.

Der Mann war beim Landessozialgericht erfolgreich, die Sperrzeit wurde aufgehoben. Und das, obwohl das Gericht den Mann für unglaubwürdig hielt. Das Gericht ging davon aus, dass der Vermittlungsvorschlag vollständig ausgedruckt war. Es sei bemerkenswert, dass der Mann ein schriftliches Beweismittel „entsorge“, mit dem er seine Behauptung hätte beweisen können. Dem Mann half der Umstand, dass die von der Bundesagentur verwendete Rechtsfolgenbelehrung unvollständig und damit unwirksam war. Sie hätte auch über den Beginn der angedrohten Sperrzeit informieren müssen. Dies sei erforderlich, da eine Belehrung konkret, richtig, vollständig und verständlich sein müsse. Nur so erfülle sie ihre Aufklärungs- und Warnfunktion. Der pauschale Verweis auf ein Merkblatt reiche nicht aus, zumal sich dort keinerlei Ausführungen zum Sperrzeitbeginn bei Arbeitsablehnung fänden.

Informationen: www.dav-sozialrecht.de

Abstufung eines Corona-Risikogebietes verkürzt Quarantäne

Abstufung eines Corona-Risikogebietes verkürzt Quarantäne

Mainz/Berlin (DAV). Wird ein Land zu einem Hochinzidenzgebiet zurückgestuft, verkürzt dies die Quarantänedauer einer geimpften Person, die noch aus einem „Virusvariantengebiet“ zurückgekehrt ist. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Juli 2021 (AZ: 1 L 504/21.MZ). Andernfalls läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes vor, erläutert das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.

Die (zweifach geimpfte) Antragstellerin kehrte am 3. Juli 2021 (negativ getestet) aus Portugal zurück. Zu diesem Zeitpunkt war Portugal als Virusvariantengebiet eingestuft. Seit dem 7. Juli 2021 wird das Land nach der geltenden Coronavirus-Einreiseverordnung des Bundes (nur) als Hochinzidenzgebiet eingeordnet. Das Gesundheitsamt informierte die Frau, dass sie eine 14-tägige Quarantäne einhalten müsse. Dagegen wandte sie sich mit einem Eilantrag. Sie machte geltend, die Herabstufung zu einem Hochinzidenzgebiet während der Zeit der Quarantäne müsse zu deren Verkürzung führen.

Das Verwaltungsgericht gab der Frau im Wege der einstweiligen Anordnung Recht.

Zwar ergebe sich aus den maßgeblichen Regelungen der Coronavirus-Einreiseverordnung und ihrer Begründung nicht, dass sich die Zeit reduziere, wenn das Land während begonnener Quarantäne herabgestuft werde. Der Verordnungsgeber betone ausdrücklich die Maßgeblichkeit der Einstufung als Risikogebiet zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland. Auch blieben nachträgliche Umstände wie eine Rückstufung unerwähnt. Der Gesetzgeber wolle so die weitere Verbreitung des Virus nach Einreise aus Risikogebieten, insbesondere aus Virusvariantengebieten, verlangsamen.

Dem Gericht erschien jedoch eine Aufrechterhaltung der Quarantäne ab dem Zeitpunkt der Runterstufung nicht mehr vereinbar mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Ohne erkennbaren sachlichen Grund bestehe eine Benachteiligung gegenüber Personen, die erst im Anschluss an die Rückstufung von Portugal als Hochinzidenzgebiet nach dem 7. Juli 2021 in die Bundesrepublik eingereist seien. Zudem habe vermutlich lediglich die zunehmende Verbreitung der sogenannten Deltavariante auch im Bundesgebiet zur Abstufung von Portugal geführt. Daher sei ab diesem Zeitpunkt eine besondere Gefährlichkeit von Rückkehrern aus diesem Land nicht mehr anzunehmen.

Kein Beschäftigungsanspruch bei ärztlich attestierter Befreiung von der Maskenpflicht

Köln/Berlin (DAV). Legt ein Mitarbeiter ein Attest vor, dass es ihm nicht möglich ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, kann er nicht verlangen beschäftigt zu werden. Ein Arbeitgeber darf dies aufgrund seiner Fürsorgepflicht im Betrieb verweigern. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall arbeitsunfähig, ohne Anspruch auf Homeoffice. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. April 2021 (AZ: 2 SaGa 1/21).

Der Kläger arbeitete als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus. Die Beklagte ordnete mit Schreiben vom 06.05.2020 in den Räumlichkeiten des Rathauses das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte an. Daraufhin legte der Kläger zwei Atteste vor, die ihn von der Maskenpflicht und ebenfalls von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreiten. Die Beklagte wollte den Mann aber nicht ohne Gesichtsbedeckung im Rathaus beschäftigen. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte der Kläger im Eilverfahren seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung; alternativ wollte er im Homeoffice beschäftigt werden.

Dies blieb jedoch erfolglos. Die beklagte Stadtverwaltung war nicht verpflichtet, den Mitarbeiter ohne Maske zu beschäftigen. Aufgrund diverser Vorschriften ergebe sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, zum größtmöglichen Schutz der Beschäftigten die Maskenpflicht anzuordnen. Außerdem sei diese Anordnung vom Direktionsrecht gedeckt, urteilten die Richter. Das Tragen einer FFP-2-Maske diene dem Infektionsschutz sowohl der Mitarbeiter und Besucher des Rathauses als auch des Klägers selbst. Sei jemand ärztlich attestiert nicht zum Tragen der Maske in der Lage, sei er arbeitsunfähig und deshalb nicht zu beschäftigen.

In diesem Fall lehnte das Landesarbeitsgericht auch einen Anspruch auf Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes in Form einer Beschäftigung im Homeoffice ab. Zumindest Teile seiner Aufgaben müssten im Rathaus erledigt werden. Eine partielle Tätigkeit zu Hause würde die Arbeitsunfähigkeit nicht beseitigen, so dass ein Homeoffice-Arbeitsplatz derzeit nicht eingerichtet werden müsse.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Online-Antrag auf Arbeitslosengeld: Vor dem Absenden vollständig lesen

Celle/Berlin (DAV). Wer Arbeitslosengeld online beantragt, sollte seine Pflichten ernst nehmen. Verstößt man gegen seine Meldepflicht einer Tätigkeit, verliert man seinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld. Man kann sich auch nicht auf die Unkenntnis seiner Mitteilungspflicht berufen, wenn der Empfang des Merkblatts „Rechte und Pflichten“ im Online-Antrag bestätigt wurde. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Januar 2021 (AZ: L 11 AL 15/19). Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) rät daher dringend dazu, alle Unterlagen zu lesen und den Pflichten nachzukommen. Sonst gefährde man seinen Anspruch auf Unterstützung.

Der 44-jährige Berufskraftfahrer wurde zu Weihnachten 2016 arbeitslos. Nachdem er sich erwerbslos meldete, stellte er kurz darauf einen Antrag auf Arbeitslosengeld (ALG) im Internet (eService). Dabei bestätigte er, das Merkblatt über seine Rechte und Pflichten als Arbeitsloser zur Kenntnis genommen zu haben. Im Februar 2017 nahm er eine einwöchige, unbezahlte Probearbeit in Vollzeit bei einem Logistikunternehmen an. Dies teilte er der Agentur für Arbeit nicht mit. Es kam zu keiner Anstellung wegen ungünstiger Arbeitszeiten in Nachtschicht.

Nachdem die Agentur für Arbeit davon erfuhr, verlangte sie Arbeitslosengeld (ALG) zurück. Dies begründete sie damit, dass durch die Probearbeit die Arbeitslosigkeit entfallen und die Meldung der Erwerbslosigkeit unwirksam geworden sei. Da die Rückforderung auch die Folgezeit betraf, summierte sich der Betrag auf rd. 5.000 Euro. Der Mann hielt dem entgegen, eine unbezahlte Probearbeit könne nicht mit einer normalen Arbeit gleichgesetzt werden. Außerdem habe er sich keine Gedanken über eine unterlassene Mitteilung gemacht. Ein Merkblatt habe er nach seiner Erinnerung nie erhalten.

Die Klage des Mannes gegen die Rückforderung scheiterte.

Ein Anspruch auf ALG entfalle auch bei einer unbezahlten Probearbeit von mindestens 15 Wochenstunden. Der Betroffene stehe dadurch der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung. Gegen die Rückforderung könne der Mann sich nicht auf Unkenntnis der Meldepflicht berufen. Diese Pflicht ergebe sich aus dem Merkblatt, dessen Erhalt jeder Arbeitslose bei Antragstellung durch Unterschrift bestätige. Auch bei einem Online-Antrag sei dies der Fall. Dieser könne nur an die Bundesagentur versandt werden, wenn zuvor die Kenntnisnahme durch Anklicken bestätigt werde. Dies habe der Mann auch getan. Wenn trotzdem keine Mitteilung der Probearbeit erfolge, so handele der Betroffene grob fahrlässig.

Informationen: www.dav-sozialrecht.de